Leserbrief „Frust-Potenzial nicht unterschätzen“

Betr.: Diskussion über Verkehrswende in Wuppertal

Geparkte Autos in der Nordstadt.

Foto: Achim Otto

Nicht nur die Parkplatzfrage in der Schusterstraße ist umstritten. Dieses Problem gibt es in allen dicht bebauten Quartieren in Wuppertal. Dort wohnen die Menschen, die dieses Land „am Laufen halten". Sie arbeiten, zahlen Steuern und sind deshalb auf ein Auto angewiesen. Sie müssen zur Arbeit, zum Einkaufen und sind als Elterntaxis für ihre Kinder da. Sie müssen mobil sein, um ihr Leben zu bewältigen. Zu dieser Mobilität gehört für sehr viele Menschen unabdingbar ein Auto.

Sie wohnen nicht in einem Einfamilienhaus mit Garage und häufig subventionierter Fotovoltaik-Anlage. Natürlich kann man auch alternativ den ÖPNV nutzen. Doch leider ist die Verkehrsinfrastruktur bei uns vielfach in einem desolaten Zustand. Auch das Fahrrad ist schön für die Freizeit (Nordbahntrasse), aber für viele untauglich für den Alltag in Wuppertal. An dieser harten Realität zerschellt häufig die politisch gewollte Verkehrswende. Die Menschen lassen sich nicht vom Auto abbringen, Zulassungszahlen in Wuppertal zeigen das. Auch ein E-Auto braucht einen Platz zum Laden und einen Stellplatz.

Die Kommunalpolitik sollte das Frust-Potenzial vieler betroffener Menschen nicht unterschätzen. Eine Verkehrswende mit der Brechstange wäre der falsche Weg. Er würde nur extreme politische Kräfte stärken. Verkehrspolitik in Wuppertal war immer umstritten (siehe Bus-Kaps oder Durchfahrtsperre auf dem Ölberg). Es wurden aber immer pragmatische Lösungen gefunden.

Ein pragmatischer Weg sollte auch bei den Parkplatzfragen gegangen werden. Die Demokratie lebt vom Kompromiss und dazu gehört unabdingbar, die Bedürfnisse der betroffenen Menschen ernst zu nehmen.

Seit vielen Jahrzehnten leben wir in diesen Quartieren diesen Kompromiss. Ja, dann müssen Fußgänger auch mal auf die Straße ausweichen, das ist nicht schön, aber mit gutem Willen und gegenseitiger Rücksichtnahme geht es. Das gilt auch für die angeführten Sicherheitsgründe. Wenn es allein danach ginge, müsste der Aufenthalt in der eigenen Wohnung verboten werden. Dort passieren die meisten Unfälle.

Manfred Zöllmer

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