Steinbecker Tor Lieber intensive Dachbegrünung
Betr.: „Viel Farbe gegen das Grauen“, Rundschau vom 18. Juli
Zu Beginn sei gesagt, dass wir die Mühen aller Beteiligten schätzen diesen unattraktiven Ort aufzuwerten, auch wenn wir in einigen Punkten anderer Meinung sind, wie dies gelingen kann. Gerne suchen wir einen konstruktiven Austausch dazu. Kurz zu uns: Wir sind angehende Architekten und aktiv bei „Architects for Future“ in Wuppertal. Unsere Ziele sind u.a. das kritische Hinterfragen von Abriss, das kreislaufgerechte Konstruieren und der Erhalt sowie die Schaffung von biodiversem Lebensraum. Wir könnten die aktuelle Situation des „Steinbecker Tores“ und deren Ursachen wahrscheinlich lange kritisieren, denn …
- die städtebauliche Planung mit Positionierung eines eingeschossigen Discounters blockiert dauerhaft eine reguläre Blockrandschließung und stellt daher ein deutliches stadträumliches Defizit dar
- die jetzige Situation hätte durch eine konsequentere Umsetzung des ursprünglichen Entwurfskonzeptes von Markus Rathke teilweise vermieden werden können
- das thematisierte Bauwerk bietet keine echte Funktionalität (als Vordach ist es eigentlich zu hoch)
- es lässt jeglichen menschlichen Maßstab vermissen
-die Konstruktion vermittelt durch die nicht vorhandene Gestaltung eine triste, graue Atmosphäre, usw.
Aber nun steht es dort, das sogenannte „Steinbecker Tor“. Und es gibt einen Gestaltungsvorschlag von Martin Heuwold, dieses Bauwerk durch Graffiti zu gestalten. Bei allem Respekt für die Gestaltungskunst, täuscht sie doch nur über die offensichtliche Funktionslosigkeit des Bauwerks hinweg. Oder anders gesagt: Nur weil man das Bauwerk farblich der Umgebung anpasst und im städtischen Raum tarnt, trägt es noch nicht dazu bei, das Quartier Friedrichsberg bzw. die Südstadt aufzuwerten, es nachhaltiger oder besser zu machen. Dann könnte man das Bauwerk auch abreißen und lediglich die Giebelwände der Nachbargebäude mit Graffiti gestalten, was allerdings vorhandenes Potenzial ungenutzt ließe und ein sehr großes, aber vermeidbares, Abfallaufkommen generieren würde.
Es muss doch eine Antwort gefunden werden, wozu das Bauwerk in Zukunft dient, also welchen Zweck es auf Dauer erfüllen kann. Gleichzeitig gibt es doch große Herausforderungen, vor denen die urbanen Quartiere - auch in Hinblick auf die Klimaschutzziele Deutschlands bis 2030 - stehen, wie Flächenentsiegelung, Ausbau der erneuerbaren Energien oder die Schaffung von attraktivem und bezahlbarem Wohnraum. Einen Beitrag hierzu sehen wir in der aktuellen Planung nicht, weshalb wir dazu nun ein exemplarischen Vorschlag machen wollen (der Entwurf ist ohne Prüfung der baurechtlichen Situation und ohne Information über die genauen Eigentumsverhältnisse oder Statik des Bauwerks entstanden). Als Idee wird hier eine intensive Dachbegrünung vorgeschlagen. Dies würde bedeuten, dass auf das bisher ungenutzte Dach eine Substratschicht aufgebracht wird, die das Wachstum von ausreichend hohen Pflanzen ermöglicht, so dass diese aus dem Stadtraum auch sichtbar wahrgenommen werden können. Dadurch lässt sich nicht nur ein attraktiverer Quartierseingang schaffen, sondern auch ein neuer, biodiverser Lebensraum, der ebenso als Retentionsfläche bei Starkregenereignissen dient sowie zur Verbesserung des städtischen Mikroklimas beiträgt.
Fazit: In diesem Projekt liegt sicherlich noch mehr Potenzial, welches genutzt werden sollte, wenn hier eine Änderung vorgenommen wird. Begrünung, Nutzung durch eine Photovoltaikanlage oder eine Aufstockung - vieles ist denkbar. Diese Ideen schließen eine farbliche Gestaltung selbstverständlich nicht aus, das Konzept sollte bei einer Kombination allerdings ganzheitlich gedacht werden.
Manuel Kramm und Timon Nüsken für Architects for Future e.V., Ortsgruppe Wuppertal