Organisator Uwe Peter über sein Event "Der Berg liest" Wenn's in der Autowerkstatt Shakespeare gibt

Wuppertal · 203 Lesungen an 61 Orten: Die vierte Ausgabe des Festivals "Der Berg liest" wird am Sonntag (1. Oktober 2017) wieder zwischen 500 und 1.000 Besucher auf den Ölberg locken. Rundschau-Redakteurin Nicole Bolz sprach mit Veranstalter Uwe Peter über die kuriosesten Orte und ungewöhnlichsten Ideen.

In der Autowerkstatt von Recai Tasdemir (re.) wird Reiner Brückner Nachdichtungen von Shakespeare-Sonetten lesen. Veranstalter Uwe Peter (li.) freut sich über diese Location.

Foto: Rundschau / Max Höllwarth

Rundschau: Wie ist die Idee zu "Der Berg liest" entstanden?

Peter: Es sollte alle zwei Jahre im Wechsel zum Ölbergfest stattfinden. Während beim Ölbergfest die Nachbarn ihre Sofas auf die Straße tragen, laden wir beim "Der Berg liest"-Festival an einem Tag im Herbst dazu ein, uns zu Hause zu besuchen. Das Konzept ist so einfach wie gut: Nachbarn lesen ihre Lieblingstexte aus ihren Lieblingsbüchern vor — zu Hause oder an ungewöhnlichen Orten in einem Viertel, der Nordstadt in Elberfeld. Das Kennenlernen steht dabei im Vordergrund, nicht die Perfektion des Lesens.

Rundschau: Wo wird überall gelesen?

Peter: Überall! In Wohnzimmer, Küche, Treppenhaus, auf dem Dachboden, auf der Straße, in Klassenzimmern, Kneipen und Ladenlokalen, in der Autowerkstatt, auf Treppen, beim Bestatter.

Rundschau: Eignet sich jeder Stoff zum Vorlesen?

Peter: Prinzipiell ist alles erlaubt, was nicht rassistisch oder diffamierend ist. Es gibt Lesungen von und für Kinder, erotische Texte, Fußballgeschichten, Klassisches wie Goethe oder Shakespeare, Selbstgeschriebenes, Poetisches, Krimis oder Reisegeschichten. Aus Erfahrung lohnt es sich, auch mal einen Blick in eine auf den ersten Blick unspektakuläre Veranstaltung zu riskieren.

Rundschau: Haben Sie ein Beispiel?

Peter: Lennart Krause liest jedes Jahr in seinem Wohnzimmer Geschichten rund ums Thema Fußball. Der gibt sich unglaublich viel Mühe mit der Vorbereitung und die Geschichten sind wirklich total witzig — auch für Nicht-Fußballfans. Ein echter Geheimtipp!

Rundschau: Was sind weitere Highlights?

Peter: Die Kombination von Shakespeare-Sonetten in der Autowerkstatt Retas klingt toll. Hier hat Reinhard Schiele im vergangenen Jahr aus Kafkas "Strafkolonie" gelesen. Eindrucksvoll. Eugen Egner liest "Erheiterndes über den Tod" im Bestattungsunternehmen, aus der "Känguru-Trilogie" wird während des Spazierens über den Berg vorgelesen. Julia Wolff und Uta Atzpodien lesen aus "Die Kunst des Scheiterns" und Detlef Bach und Andy Dino Iussa unter dem Titel "Lebenszeichen aus dem Zonenrandgebiet".

Rundschau: Was ist Ihnen von den ersten drei Ausgaben in Erinnerung geblieben?

Peter: Ach, da gab es wirklich einige nette Episoden. Da waren die drei Mädels, die am Tippen-Tappen-Tönchen aus Helge Schneiders "Pubertät" gelesen haben — weil dort immer so viele Jugendliche abhängen. Das war sicher mit drei Minuten die kürzeste Lesung überhaupt, die aber total viel Leute angezogen hat. Pfarrerin Sabine Dermann hat im Glockenturm der Friedhofskirche aus "Der Glöckner von Notre Dame" gelesen und an der Oskar-Hoffmann-Treppe gab es Szenen aus "Dr. Jekyll und Mr. Hyde".

Rundschau: Was fasziniert Sie als Veranstalter an dem Format?

Peter: Wie unterschiedlich die Leute das angehen. Manche stellen einfach ein paar Stühle auf und lesen im Wohnzimmer drauf los. Andere kochen, machen ein Feuer im Garten und zelebrieren das mit viel Liebe. Jeder, wie er mag.

Rundschau: Was wünschen Sie sich für die nächsten Jahre?

Peter: Dass wieder mehr Teilnehmer in ihre private Umgebung einladen. Beim ersten Mal waren es mehr als die Hälfte, diesmal nur 19 von 60.