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Guy de Maupassant — was fällt einem da ein? "Bel Ami" zumindest... Dass der Dichter, der zu den Großen der französischen Literatur gehört, weit mehr geschrieben, erlebt, gelitten hat (und dass er lange brauchte, um zu den Klassikern aufzusteigen), das stellt der Wuppertaler Autor Arne Ulbricht in seinem biografischen Roman Maupassant auf 230 Seiten dar.
Ulbricht, der bisher mit (immer wieder heiß diskutierten) Pädagogik-Sachbüchern bekannt wurde, legt mit "Maupassant" seinen zweiten Roman vor. Und erfüllt sich als Französisch-Lehrer einen großen Traum. Sein Buch steigt tief ein die Seele des Dichters (1850-1893), der mit voller (Mannes-)Kraft und aus vollen Zügen lebte, schrieb, liebte, massenweise marathonähnlichen Sex hatte, Flaubert, Zola & Co. kannte und bewunderte, jobtechnisch auf einer Amtsstube versauerte, sich endlich literarisch durchsetzte — und schließlich (durch Syphilis) körperlich zerrüttet und seelisch umnachtet starb.
Arne Ulbricht macht seine Maupassant-Sache gut: Gelungen ist ihm ein fesselnder Text, dem nie die Luft ausgeht. Das ist dicht geschrieben, nie kopflastig oder bildungsbürgerlich belehrend. Die Sex- und Drogensucht des Sportprotzes Maupassant steht zwar manchmal ein bisschen sehr im Vordergrund, aber betuliche Dichterportraits gibt's ja schon genug. Ein saftiges Buch — geschrieben von einem, der über seine Hauptfigur intensiv recherchiert hat. Und der Maupassant wirklich liebt.
Klak-Verlag, 16,90 Euro.
Wirklich liebt auch Knoppke, die Hauptfigur von Bernhard Blöchls Roman Im Regen erwartet niemand, dass dir die Sonne aus dem Hintern scheint, etwas — nämlich seinen alten Ford Transit. Der Münchner Autor und Journalist Blöchl lässt seinen "Helden" (der alles andere als das ist) auf eine Reise gehen, die es in sich hat.
Knoppke, den viel — vor allem sein Jugend-Idol Günter Pröpper — mit Wuppertal verbindet, erwischt seine Freundin beim Fremdgeh-Sex, lässt den gemeinsamen Urlaub platzen, startet (mit besagtem Transit) nach Schottland, gabelt (unfreiwillig) das Mädchen Sam auf — und erlebt eine in jeder Hinsicht gegen den Strich gebürstete Tour mit völlig überraschendem Ausgang. Günter Pröpper läuft dabei immer wieder durchs Bild, bis zum emotionalen Knoppke-Showdown in Wuppertal.
Warum Wuppertal? Wer weiß? Passt aber sehr gut zum Eigenbrötler Knoppke, dessen arg durchgenudelte Lebensmaximen wie "Das Glück der anderen ist ein Arschloch" einem schon ein Stück auf die Nerven gehen können. Das Motiv "Verlierer mit weichem, großen Herzen" wird arg strapaziert, es wird viel auf "ich will cool sein, kann's aber nicht" gemacht — und von den Männerweisheiten, die Blöchl zuhauf serviert, würde die Hälfte oder weniger auch ausreichen.
Dieser Text mit seinem abgefahrenen Titel (sowas ist zurzeit offenbar "in") ist mit viel Anteilnahme und sehr sanft erzählt. Das kann über einige Strecken durchaus gefallen. Der Schluss aber — bei aller Liebe zu "Meister" Pröpper, zur Schwebebahn und zu Wuppertal — der ist einfach zu gefühlssaucendick.
Piper-Verlag, 14 Euro.