Neue Bücher aus Wuppertal Erinnerungen, Emotionen und Ermittlungen
Wuppertal · Der Sommer lädt zum Lesen ein. Hier gibt es ganz unterschiedliche neue Bücher – immer mit Wuppertal-Wurzeln.
Einen Blick ins Elberfeld am Ende des 19. Jahrhunderts und das damalige bürgerliche Leben hat Waltraud Robke-van Gerfsheim gewagt: Ihr großformatiges und reich bebildertes Buch „Aus dem Leben des Stadtverordneten August Funccius“ verarbeitet das umfangreiche Familien-Archiv des Vaters der Autorin: Fotos, Briefe, Lebensberichte, Urkunden, Zeitungsartikel, Menükarten, Zeitungsanzeigen und vieles mehr. Mittelpunkt des Ganzen ist Waltraud Robke-van Gerfsheims Urgroßvater August Funccius (1836 bis 1904) – ein erfolgreicher Metzger und geachteter Stadtverordneter. Gelungen ist eine üppige, lebensnahe und menschlich zugewandte Schilderung der Welt der Vorfahren. Vor allem staunt man, dass es zwischen damaligen Stadtratssitzungen und heutigen trotz des langen zeitlichen Abstandes gar nicht so viele Unterschiede gibt. Nordpark-Verlag, 18 Euro.
„Von den Geschichten der kleinen Leute“ – so untertitelt die Wuppertalerin Angelika Zöllner ihren 200-Seiten-Erzählungsband „Wie steig ich aus dem Karussell“: Es geht in zahlreichen Einzeltexten um alltägliche Menschen und die Grenzen, an die sie immer wieder stoßen. Da drehen sich Lebensgeschichten oft auch sehr lang – manchmal gelingt der Ausstieg aus eigener Kraft, manchmal nicht. Angelika Zöllner schreibt in ihrer von vielen Adjektiven geprägten Sprache offen über harte Probleme der Gegenwart, liefert aber auch Eindringliches voller Gefühl – etwa alte Erinnerungen an Griechenland und die Liebe von vor vielen Jahrzehnten. Beggerow-Verlag, 14,90 Euro.
Kein Blatt vor den Mund nimmt Maryam Gardizi in ihrem fast 300-seitigen Reality-Roman „Leben Zwischen Welten – HassLiebe“. Erzählt wird aus der Ich-Perspektive die (Jugend-)Geschichte einer 1981 geborenen Tochter afghanischer Flüchtlinge. Die sozialen Probleme der Cronenberger Siedlung am Mastweg sowie die Zerrissenheit der Autorin zwischen Familientradition, dem Willen zur Selbstbestimmung als Frau und der Findung eines eigenen Lebensweges prägen diesen streckenweise hochemotionalen Text. Letzteres ist er vor allem bei der Schilderung der (auch in Sachen Religion) toxischen Beziehung der Autorin zu einem Marokkaner, die in eine katastrophale Ehe mündet. Dieses Buch ist harter Stoff. Und es ist gut. Universum-Verlag, 15,90 Euro.
Zurück in die Zeit während des Zweiten Weltkrieges und in die Nachkriegszeit blendet die in Wuppertal lebende Autorin Doris Bender-Diebels mit ihrem Regionalkrimi „Der Mantel der Vergangenheit“. Der junge Landwirt Harry Molter wird 1943 wegen der „Schwarzschlachtung“ eines Schweines von der Gestapo verhaftet – und muss zur Strafe an die Ostfront. 1951 taucht er verwahrlost und scheinbar gebrochen auf dem Speicher eines Wohnhauses seiner Heimat wieder auf – entdeckt von der zehnjährigen Rosa. Der Mann und das Mädchen machen sich gemeinsam auf die Suche nach dem Nazi-Denunzianten von damals. Und nach Harry Molters Familie. Nah an den Menschen geschrieben, durchaus spannend – und mit überraschendem Schluss. Vertrieb: Nova MD, 12 Euro.
Apropos Nazis: Markus Kiel stellt in „Wuppertal – Hochburg der Nationalsozialistischen Bewegung“ die Gründung der NSDAP in Elberfeld vor 100 Jahren und deren Entwicklung von 1922 bis 1932 dar. Das Buch schaut auf die politischen und wirtschaftlichen Konflikte der Wupper-Stadt – und es zeigt: Viele der seinerzeitigen lokalen Akteure spielten unrühmliche Rollen im ganzen Deutschen Reich. Verlag H.-J. Momberger, 9,80 Euro.
Einen sozialkritischen Roman mit authentischen Hintergründen – so nennt die in Wuppertal geborene Maria Becker ihr Buch „Herla“. Die Geschichte hat zwei parallele Handlungsstränge: Acht Obdachlose inszenieren ein Theaterstück, dessen Entstehung der engagierten Altenpflegerin Josi überraschende Einblicke gibt. Außerdem geht es um die persönliche Entwicklung von Josi – den Aufbau einer Liebesbeziehung vor dem Hintergrund sexuellen Missbrauchs in ihrer Kindheit.
Verlag KlausStudio, 14,90 Euro.
Auch die sehr produktive Wuppertaler Krimi-Autorin Sibyl Quinke ist wieder mit einem neuen Buch präsent: „Tödliche Nachfolge“ heißt es. Der Firmeninhaber einer GmbH hat gerade einen Herzinfarkt erlitten. Der Streit zwischen den Geschwistern Antonia und Sebastian eskaliert: Wer soll die Firmenleitung übernehmen? Antonias Liebhaber Max sieht sich bereits als Mitglied der Geschäftsführung. Allerdings hat seine Exfreundin Roberta die Hoffnung auf ihre Beziehung zu Max noch nicht aufgegeben. Und dann liegt Antonia Morgen erschossen im elterlichen Garten ... Edition Oberkassel, 12 Euro
Sehr spannend geht es zu in „Blutiges Tal“, dem ersten Duo-Roman-Projekt der Wuppertaler Autoren Thomas Schwieder und Stefan Katgeli. Der 334-Seiten-Text, der zum Segment Psychothriller gerechnet werden kann, erzählt von schlimmen Frauenmorden. Der Leser erlebt hautnah mit, wie nervenaufreibend es sein kann, die Frage zu beantworten, ob es Detektiv Tommy LaMotte gelingen wird, den Täter, auf dessen Spur er ist, noch rechtzeitig vor dem nächsten Zuschlagen zu stellen. Tuschel-Verlag, 12,95 Euro.
Zum Schluss noch etwas Schönes nicht nur für kleine Leser – das zweite Buch der Wuppertaler Illustratorin und Autorin Julia Wewer: „Ein Freund für Kater Mutz“ ist eine Geschichte vom Suchen und Finden für Kinder. Und das Beste: Diese Geschichte von Kater Mutz und Dackeldame Mücki ist eine wahre Geschichte! Julia Wewer erzählt sie warmherzig und liebevoll – und hat das Ganze gleich auch selbst illustriert. Bergischer Verlag, 16,95 Euro.