Neues Buch „Gorbach“ Hank Zerbolesch: Draußen vor der großen Stadt ...
Wuppertal · „Hardboiled“ – so nennen sie im englischsprachigen Literaturbetrieb Texte, in denen keine Rücksicht auf nichts und niemanden genommen wird. „Gorbach“, das neue Buch von Hank Zerbolesch, ist solch ein Text.
190 Seiten hat das attraktiv gestaltete Hardcover-Buch (22 Euro) aus dem Steidl-Verlag, wo immerhin auch das Werk von Nobelpreisträger Günter Grass erscheint.
Gorbach, wo ist das? Irgendwo. Ist eigentlich auch egal. Abgründe in den Seelen der Menschen, Verlorenheit der Gefühle, brutale Gewalt und enttäuschte Sehnsucht, ein bisschen Hoffnung, und eigentlich immer ein bitteres Ende – das gibt’s überall. Nicht nur am Großstadtrand.
Hank Zerbolesch entfaltet ein Panorama von hartgesottenen Menschen-Geschichten in zahlreichen Kapiteln, die er sehr elegant und sprachlich aufeinander bezogen verbindet. So entsteht ein Textfluss, dem sich zu entziehen schwerfällt, der einen hineinsaugt.
Der „Gorbach“-Scheinwerfer leuchtet weit nach unten. Es geht um sehr verschiedene Menschen im urbanen Nirgendwo. Sänger, Dealer, Lehrer, Schüler, Alte, Junge, Sohn und Mutter, Familie, Säufer, Migranten, Kioskbesitzer. Und immer wieder überschneiden oder berühren sich ihre Geschichten. Hank Zerbolesch erzählt kaum je etwas Zärtliches. Aber das erzählt er zärtlich. Fast still, einfühlsam – mit immer wieder mit erstaunlichen Sprachbildern.
Besonderer Applaus beispielsweise für das intensive, großartige Kapitel „Die Augen lügen nicht“. Aber: Am Ende ist jemand tot. Auf gewaltsame Weise. Typisch für „Gorbach“.
Das ist kein Buch für Zartbesaitete. Im Gegenteil. Das ist harter Stoff. Menschlich dabei, schrecklich menschlich, schrecklich alltäglich. Ungeheuer genau beobachtet, ungeheuer exakt geschrieben. Sehr ehrlich. Zerbolesch verschweigt nichts.
In Gorbach möchte man nicht leben. Und lebt wahrscheinlich längst dort. Denn überall, wo Menschen sind, ist Gorbach. Ein sehr außergewöhnliches Buch.