Kommentar zu OB Schneidewind Marathon-Mann bei Kilometer 2,4
Wuppertal · Uwe Schneidewind ist ein Mann, der gerne durchaus gelungene Bilder in seine Reden einbaut. So wie jetzt bei der groß aufgezogenen Vorstellung seines Zukunftsprogramms, mit der er zugleich auf seine ersten 100 Tage als Oberbürgermeister zurückblickte.
Seine Amtszeit müsse man sich wie einen Marathon vorstellen, sagte der passionierte Langstreckenläufer: Er sei für ziemlich genau so viele Stunden gewählt worden, wie ein Marathon Meter hat. Und da sei er dann gerade erst bei Kilometer 2,4. „Und als Marathonläufer kann ich Ihnen sagen, dass die, die nach 2,4 Kilometern vorne liegen, selten die sind, die am Ende gewinnen.“
Ob Schneidewind und Wuppertal im Ziel als Sieger dastehen, muss sich indes noch zeigen. Der neue OB will viel und hat das jetzt auch zu Papier gebracht. Das hat 100 Tage gedauert, in denen er ziemlich wenig zu sehen war. Das würde er wieder so machen, sagt er – verspricht aber auch, dass sich das jetzt ändern wird. Und das sollte es auch, denn wer Schneidewind bei seinen programmatischen Wuppertal-Reden zuhört (die von dieser Woche gibt’s immer noch auf der Stadt-Homepage), der erlebt einen wirklich mitreißenden OB, der echte Aufbruchstimmung vermittelt. Und das hat ein wesentlich größeres Publikum verdient als ein paar wenige Online-Streamer oder Instagram-Nutzer.
Schneidewinds Handlungsprogramm ist ein thematischer Rundumschlag, der große Ziele formuliert, die jetzt sehr kleinteilig umgesetzt werden müssen. Denn für jeden Schritt muss der OB mangels eigener Stimmen-Masse politische Mehrheiten organisieren. Was auf Feldern wie Klimaschutz, Flächenpolitik oder Verkehr nicht leicht sein dürfte. Durchaus messen kann man ihn aber an dem Anspruch, Wuppertal in den Fokus großer Förderprogramme zu rücken, um auch mit mehr als begrenzten Haushaltsmitteln gewichtige Projekte umsetzen zu können.
Selbst in der Hand hat Schneidewind übrigens den Umbau der Stadtverwaltung. So ist es auch kein Zufall, dass sich auf diesem Feld ganz konkret schon am meisten bewegt. Die Bäume wachsen dabei zwar angesichts der Rathaus-Realitäten auch nicht immer in den Himmel, wie das eher überschaubare Ergebnis des Versuchs beweist, der Stadt einen offiziellen Social-Media-Auftritt zu verschaffen. Wenn Wuppertals Marathon-Mann aber in ein paar Jahren wirklich eine bürgernahe Stadtverwaltung hingestellt bekommt, die den Servicegedanken lebt, dann wäre das im Ziel mindestens schon mal eine Medaille wert.