Kommentar zur Krise bei den Wuppertaler Bühnen Ein Scherbenhaufen
Eigentlich brachte es der Zufall an den Tag. Eine schlichte Pressemitteilung der SPD, in der es um den Modus des Wahlverfahrens für den neuen Opernintendanten ging. Unterzeichnet von Bürgermeisterin Ursula Schulz, jedoch in ihrer Funktion als Vorsitzende des Aufsichtsrates der Wuppertaler Bühnen.
Das war bis dahin Oberbürgermeister Peter Jung gewesen, der offensichtlich nach dem Fehlstart des Schauspiels und dem Desaster mit Kamioka heimlich, still und leise seinen Hut genommen, den Posten als Aufsichtsratsvorsitzender niedergelegt hat. Für mich eine konsequente Entscheidung, auch wenn die Neubesetzung Wünsche offen lässt.
Mit Ursula Schulz an der Spitze wird sich nicht viel bewegen lassen. Zu festgefahren sind die Strukturen. Auch sie hat die Entscheidung gegen Christian von Treskow und Johannes Weigand mitgetragen, ebenso wie den Wunsch Kamiokas, ohne ein festes Ensemble zu arbeiten. Nicht nur ein Personen-, auch ein Generationenwechsel hätte jetzt diesem Gremium gut getan. Denn dem Aufsichtsrat stehen große Aufgaben ins Haus: Ein neuer Opernintendant und ein Generalmusikdirektor müssen berufen werden. Keine leichte Aufgabe, schließlich hat Wuppertal seinen kulturellen Ruf mehr als ramponiert. Scherben müssen weggefegt werden, bevor der Neustart beginnen kann.
Dass auf eine Findungskommission verzichtet wird, muss kein schlechtes Zeichen sein. Denn auch die von solchen Kommissionen so oft zu Rate gezogenen Experten können daneben liegen. Zuletzt geschehen bei der Wahl der Schauspielintendantin. Damals war es Professor Oliver Scheytt, der den Wuppertalern zur Seite stand, und wie das Kaninchen aus dem Zylinder Susanne Abbrederis ans Licht beförderte. Die sieht nach den ersten drei Monaten im Tal ihre Situation weiterhin durch die rosarote Brille, schwärmt von einer 80-prozentigen Auslastung. Das macht schlappe 120 Zuschauer pro Vorstellung im neuen Theater, eine Zahl, die TalTonTheater und TiC leicht toppen können. Auch hier ist Handeln erforderlich.
Wuppertal hat die Kultur bitter nötig, aber nicht nur Musik- und Tanztheater. Eine Stadt, die nicht selten durch die rechte Szene in die Schlagzeilen gerät, braucht ein Sprechtheater, das sich immer wieder neu positioniert. Nicht nur unterhält, sondern auf gesellschaftliche Probleme reagiert, den Finger in Wunden legt. Da muss auch über die Verteilung der Subventionen neu nachgedacht werden, denn es kann nicht sein, dass der Schwerpunkt auf der Oper liegt, während das Schauspiel in Sichtweite fast zu Tode gespart vor sich hindümpelt.
Jeder Scherbenhaufen birgt auch eine Chance: Die zu einem umfassenden Neuanfang, der mit tragfähigen Strukturen und einem zukunftsorientierten Team die Wuppertaler Bühnen wieder zu einem Theater in und für die Stadt und ihre Bürger macht.