Helios-Klinikum "Frühchen-TV" im heimischen Wohnzimmer

Wuppertal · Das Helios-Klinikum Wuppertal hat ein Pilotprojekt gestartet: Es gehört zu den wenigen Krankenhäusern in Deutschland, die einen Live-Stream direkt von der Baby-Station senden. Seit einigen Wochen sind die Kameras in Betrieb.

Kerstin Schmidtmann mit Frieda, die vier Wochen lang als Frühchen mit Kamerabegleitung auf der Helios-Station lag.

Foto: Louisa Rohde

Eltern von Frühgeborenen haben nun die Möglichkeit, über einen speziell für sie eingerichteten Zugang ihre empfindlichen Säuglinge auch von zu Hause aus zu sehen."Man kommt dem Zeitgeist entgegen", kommentiert Professor Stefan Wirth, der Leiter der Kinder- und Jugendmedizin, den Einzug der sieben Kameras im Perinatalzentrum. Im ersten Monat sind bereits an die 400 Zugriffe verzeichnet worden. Richtig neu ist das Ganze aber nicht: In Amerika funktioniert das Konzept, das besonders die Eltern-Kind-Bindung stärken soll, schon lange.

Den Besuch könne die Technik zwar nicht ersetzen, sagt Kerstin Schmidtmann im Pressegespräch. Am 27. Januar kam ihre Tochter Frieda acht Wochen zu früh auf die Welt. Sie ist eine der ersten Mütter, die von dem neuen Programm in der Helios-Klinik in Barmen profitieren konnte. "Aber es ist schon eine große Bereicherung", fährt sie fort und erzählt, dass der Baby-Live-Stream fest in den Tagesablauf ihrer Familie integriert war. Besonders für die große Schwester Lena, die nur einmal pro Woche mit ins Krankenhaus kommen konnte, und für die Großeltern im Münsterland ist die Neuerung im Krankenhaus toll: So können sie auch aus der Ferne am Leben des Kindes teilhaben.

Zwar sind die virtuellen Besuchszeiten auf den Vormittag und Abend begrenzt, und auch bei Untersuchungen wird die Kamera ausgeschaltet — aber gerade Eltern, die beruflich oder auch zu Hause stark eingebunden sind, können so mehr Zeit mit ihrem Kind verbringen. "Wir tragen zu einer innigeren Bindung zwischen Mutter und Frühchen bei", sagt Dr. Michael Heldmann, der leitende Arzt des Perinatalzentrums. Weitestgehend werden so auch die Ängste der Eltern abgemildert. Ein positiver Nebeneffekt ist ebenso im medizinischen Bereich zu verzeichnen: Das Anschauen des Babys begünstigt den Milcheinschuss der Mutter zu Hause beim Abpumpen.

Drei Monate lang wurde das Programm mit einer Kamera getestet — und was auch die letzten Bedenken der Krankenschwestern ausgeräumt hat: Ständige Anrufe von "Helikopter-Eltern" blieben aus. Natürlich melde sich manchmal eine besorgte Mutter, wenn der Schnuller aus dem Mund gefallen ist, aber eine Mehrbelastung sei aus dem Live-Stream nicht entstanden, versichert Stationsleiterin Bianca Scheyer. Das Klinikum hat einen deutlich fünfstelligen Betrag für die Kameras, die Software und die technische Unterstützungshotline in die Hand genommen. Für die Eltern ist das Ganze kostenlos und stellt bereits drei Wochen nach Einführung einen echten Mehrwert dar.