Branche schlägt Alarm Pflegebetriebe und -dienste: „Existenzen bedroht“

Wuppertal · 73 Pflegebetriebe gibt es in Wuppertal. Zum bundesweit aktiven Bündnis „Pflege am Limit“, das der Wuppertaler Pflegedienst-Inhaber Michael Wessel, der auch Fraktionschef der lokalen CDU ist, gegründet hat, gehören rund 40 privat geführte ambulante Pflegedienste.

Bei der Pressekonferenz des Bündnisses „Pflege am Limit“ von li.: Claudia Weber (Cura Ambulante Pflege, Köln), Daniela Kebel und Michael Wessel (Pflege Wessel, Wuppertal) sowie Timo Brandes (Comfort Pflege Ostviertel, Münster).

Foto: Pflege Wessel

Sie alle beklagen eine dramatisch auseinanderklaffende Finanzierungsschere durch die Einführung der Tarifpflicht bei gleichzeitig unverändertem Deckel der finanziellen Erstattungsleistungen pro Pflegegrad durch die Krankenkassen.

Bei einer Pressekonferenz des Bündnisses in Wuppertal machten Michael Wessel, Claudia Weber aus Köln sowie Florian Weber und Timo Brandes aus Münster deutlich: „Wir sehen unsere Existenz bedroht als Unternehmen, wenn es keine adäquate Gegenfinanzierung gibt.“ Eine solche Gegenfinanzierung sei zwar von Seiten der Politik bei Einführung der Tarifpflicht im Jahr 2022 versprochen worden – aber dann nicht gekommen. Seither, so Michael Wessel, laufe für viele Pflegedienste „ein Überlebenskampf, der deutschlandweit bereits zu etwa 800 Insolvenzen geführt hat“. 2024 erwartet er „eine deutlich höhere Zahl“ – und spricht von einer drohenden „Welle von Insolvenzen“.

Claudia Weber, Inhaberin eines Kölner Pflegedienste, sagt: „Es ist an der Zeit, dass unsere soziale Ader auch bezahlt wird. Die Pflegekräfte, die es gibt, brauchen ja auch Arbeitgeber. Aber unsere Krise wird nicht gehört.“ Michael Wessel: „Die Nachfrage nach Pflegeleistungen ist riesig. Aber wir müssen mittlerweile dazu übergehen, mögliche neue Patienten nach dem Motto ‚was bringt dieser Kunde?‘ zu bewerten. Das ist eine unerträgliche Situation, die wir so nicht wollen.“

Timo Brandes, Pflegedienstgeschäftsführer aus Münster, legt Wert auf die Feststellung, dass „normale“ Unternehmer die Preise ihrer Dienstleistungen selbst bestimmen könnten, Pflegedienste nicht: „Unsere Preise werden uns vorgegeben, unsere Kosten auch.“ Zwischen 2022 und 2024 seien die Aufwendungen für Löhne, Energie und anderes um etwa 30 Prozent gestiegen. „Die entgegenkommende Steigerung dessen, was wir abrechnen können, betrug dagegen nur zwölf Prozent“, so Brandes: „Dieses Delta können die Unternehmen auf Dauer nicht finanzieren.“

Eine weitere Folge beschreibt Florian Weber aus Münster: „Wir müssen pro Woche etwa 20 bis 30 Menschen, die Kunden bei uns werden wollen, ablehnen.“

Die Forderung des Bündnisses „Pflege am Limit“ ist klar: Die finanziellen Deckel für die Erstattung von durch Pflegedienste erbrachten Leistungen müssen dringend angepasst werden. Darum hat man bereits viele Bundespolitiker angeschrieben.

Michael Wessels Bilanz: „Die Stärkung von Angehörigen der Pflege ist nett, aber nur eine Ausrede, um den wirklichen Pflegenotstand zu bemänteln. Die Politik muss auch die Unternehmerseite sehen.“ Und er setzt noch grundsätzlicher an: „Vielleicht brauchen wir ein ganz neues Pflegesystem, und müssen das Ganze einmal auf den Kopf stellen ...“