Bergische Uni Forschungsprojekt: Arbeiten bis 70?

Wuppertal · Wie lange im Leben können und wollen wir arbeiten? Das erforscht ein Team des Lehrstuhls für Arbeitswissenschaft unter Leitung von Prof. Dr. med. Hans Martin Hasselhorn an der Bergischen Universität Wuppertal bereits seit 2011. Nun ist es den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern erneut gelungen, umfangreiche Forschungsmittel einzuwerben, mit denen die deutschlandweite Kohortenstudie „lidA – leben in der Arbeit“ fortgesetzt und ausgeweitet werden kann.

Prof. Dr. med. Hans Martin Hasselhorn.

Foto: Friederike von Heyden

Die Deutsche Rentenversicherung Bund, das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, die BARMER und die Berufsgenossenschaft Rohstoffe und Chemische Industrie sichern mit einer Förderung von insgesamt rund 1,9 Millionen Euro die Fortsetzung der Studie.

„Die lidA-Studie begleitet ältere Erwerbstätige, die sogenannten Babyboomer, auf ihren verschiedenen Wegen vom Arbeitsleben in den Ruhestand“, erklärt Prof. Hasselhorn. Schon 2011 wurden fast 6600 Personen zum ersten Mal in ganz Deutschland befragt, 2014 und 2017 fanden weitere Befragungswellen statt. Nun ist gesichert, dass 2022 insgesamt 9000 Personen befragt werden können, nicht nur alle bisherigen Teilnehmenden, sondern zusätzlich auch ein jüngerer Jahrgang.

„Damit bilden wir nicht nur ab, was sich beim Einzelnen mit dem Älterwerden verändert, sondern können auch fragen, ob sich verschiedene Generationen im Erwerbsleben unterscheiden. Beispielsweise ob die Jüngeren sich schon darauf vorbereitet haben, dass sie länger arbeiten werden. Oder ob die Anpassung an digitalisierte Arbeit einer jüngeren Arbeitsgeneration leichter fällt – oder vielleicht sogar schwerer“, blickt der Projektleiter voraus.

Was hat die lidA-Studie bisher gezeigt?

„Die dritte Befragungswelle hat die früheren Ergebnisse untermauert: Nur einer von zehn älteren Beschäftigten will wirklich bis zum regulären Rentenalter arbeiten. Viele meinen auch, dass sie es nicht können. Der Zusammenhang mit schlechten Arbeitsbedingungen und auch schlechter Gesundheit ist hier offensichtlich. Aber selbst wenn dort ,alles stimmt‘, ist es nur eine von acht Personen, die bis zur Regelaltersgrenze arbeiten will. Den anderen sieben fehlt es an Motivation“, fasst Prof. Hasselhorn zusammen.

Ein eher positives Bild ergebe sich hingegen bei der Frage, wie ältere Beschäftigte mit digitalen Arbeitsmitteln arbeiten: „Die Mehrheit von ihnen ist eher zufrieden und kommt mit einem zunehmend digitalisierten Arbeitsalltag gut zurecht. Gute betriebliche Unterstützung hat dabei einen deutlichen positiven Einfluss.“

Viele ihrer bisherigen Ergebnisse haben die Forschenden bereits in wissenschaftlichen Publikationen, aber auch in Factsheets und Broschüren aufbereitet. Auch die vierte Befragungswelle soll wieder aufschlussreiche Ergebnisse liefern. Relevant seien diese aber nicht nur für Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen, auch Politik, Rentenversicherung und Krankenkassen seien auf solche repräsentativen Daten angewiesen, so das Projektteam, bei dem die Freude über die entsprechende Weiterförderung groß ist. Als nächstes gilt es nun, den enormen Logistikaufwand hinter der Befragung vorzubereiten.

Mit ersten neuen Ergebnissen rechnen die Wissenschaftlerinnen im Herbst 2022. „Sie sollen dann schnell aufbereitet werden, um einen Beitrag zur gesellschaftlichen und sozialpolitischen Debatte um die Verlängerung des Arbeitslebens und das Renteneinstiegsalter zu liefern. Außerdem arbeiten wir daran, die Daten aller lidA-Wellen der wissenschaftlichen Community zugänglich zu machen“, so Prof. Hasselhorn.