Interview mit OB-Kandidat der WfW/Freie Wähler Henrik Dahlmann: „Verwaltung muss dezentral sein“

Wuppertal · Für den Zusammenschluss von Wählergemeinschaft für Wuppertal (WfW) und Freie Wähler (FW) geht Henrik Dahlmann, der 40-jährige Geschäftsführer der WfW/FW-Ratsfraktion, ins Rennen um das Amt des Oberbürgermeisters. Mit Dahlmann, der Geschichte und Kulturwissenschaften studiert hat, sprachen Stefan Seitz und Roderich Trapp.

Henrik Dahlmann kandidiert für die gemeinsam antretende Wählergemeischaft für Wuppertal (WfW) und die Freien Wähler (FW) am 13. September für das Amt des Oberbürgermeisters.

Foto: Wuppertaler Rundschau

Rundschau: Der OB-Kandidat der FDP, Marcel Hafke, gab im Gespräch mit uns zu Protokoll, alle Mitbewerber für den 13. September, außer ihm selbst, gehörten zum „links-grünen Milieu“. Wo sehen Sie sich und die WfW/FW?

Dahlmann: „Auch ich bin ganz klar ein bürgerlicher Kandidat. Damit muss Herr Hafke wohl leben. Bevor ich zur WfW kam, habe ich bereits mit den Positionen und CDU und FDP sympathisiert, sehe aber in der bürgerlich-offenen Struktur von WfW/FW, die ja keine Partei, sondern als Verein organisiert sind, mehr Möglichkeiten, wenn es beispielsweise darum geht, nichts „von oben“, etwa von Landes- oder Bundesverbänden, angeordnet zu bekommen. Wir sind ein sehr lebendiger Verein mit gemischter Altersstruktur, wir sind stabil und wollen jetzt auch im Wahlkampf unter Beweis stellen: Es gibt uns, und wir können alle Kraft darauf verwenden, uns ganz auf Wuppertal zu konzentrieren.“

Rundschau: War es selbstverständlich, dass die WfW/FW auch einen Kandidaten aufstellt?

Dahlmann: „Ja. Es geht darum zu zeigen, dass es noch eine weitere Möglichkeit bei der Wahlentscheidung gibt. Die bürgerliche Zielgruppe, die ich im Blick habe, ist nicht klein. Ich finde die Frage, ob Herr Schneidewind für die CDU das alles abdeckt, sehr berechtigt. Ich habe eine feste politische Ausrichtung und stehe dafür, dass es in Wuppertal eine echtes WfW-Potenzial gibt. Als Ziel habe ich für mich formuliert, vor Marcel Hafke von der FDP zu landen.“

Rundschau: Die WfW existiert seit 1999 und ist seitdem immer im Stadtrat vertreten gewesen. In Sachen Wahlkampf hat man da viel Erfahrung gesammelt. Unter dem Eindruck von Corona dürfte einiges, was geplant war, über den Haufen geworfen worden sein ...

Dahlmann: „Allerdings! Wir müssen uns jetzt auf Online-Aktivitäten und Plakate konzentrieren, werden aber auch Flyer verteilen sowie kleine Wahlkampfstände aufbauen. Aber natürlich wird für eine kleine Gruppierung wie uns der Wahlkampf angesichts der Corona-Probleme deutlich schwieriger.“

Rundschau: Sie gehören nicht zu denen, die das Pina-Bausch-Zentrum vorbehaltlos unterstützen ...

Dahlmann: „Das Zentrum würde eine große Strahlkraft haben, wogegen ich natürlich gar nichts hätte. Aber ich stelle die Frage, ob Wuppertal sich das alles, vor allem jetzt angesichts der durch Corona verursachten Finanzlage, noch leisten kann. Nur weil der Beschluss, das Pina-Bausch-Zentrum zu bauen, gefasst ist, muss man das Ganze ja nicht ohne Rücksicht auf Verluste durchziehen. Eine Debatte darüber muss erlaubt sein.“

Rundschau: Viel diskutiert wird auch über eine eventuelle Wuppertaler Bundesgartenschau.

Dahlmann: „Die hätte ich für sinnvoll gehalten, wenn damit ein abgehängter Stadtteil oder eine problematische Brachfläche positiv entwickelt würde. Aber am Standort Sonnborn und Vohwinkel halte ich das für ungünstig. Dieser Teil Wuppertals ist doch auf einem guten Weg, da braucht es keine BUGA. Ich weiß nicht, ob eine BUGA für Wuppertal überhaupt Sinn macht. Schon allein, weil angesichts der Kosten auch hier ein großes Finanzloch droht.“

Rundschau: Was halten Sie von der Idee des „Circular Valley“ für neue Dimensionen der ökologischen Kreislaufwirtschaft, womit die „Wuppertalbewegung“ in die Zukunft gehen möchte?

Dahlmann: „Das finde ich großartig. Hier hätte Wuppertal etwas ganz Neues. Und wir alle wissen, dass das auch klappt, wenn man die ,Wuppertalbewegung’ einfach machen lässt und ihr keine Steine in den Weg legt. Ich erinnere immer wieder an den Kampf, den der Verein um die Trasse führen musste. Gegen die Stadt, die anfangs versucht hat, die Trasse mit allen Mitteln zu verhindern, und sich jetzt bei jeder Gelegenheit damit schmückt.“

Rundschau: Ihre Position zur Bundesbahndirektion?

Dahlmann: „Dort etwas Zentrumsintensives anzusiedeln ist Aufgabe des Gebäude-Eigentümers Clees. Die Stadt darf hier kein Lückenbüßer sein. Für ein Straßenverkehrsamt in dieser Luxusimmobilie gibt es dort doch gar keine Infrastruktur. Und all die IT-Technik, die nötig ist, um große Verwaltungsbereiche unterzubringen: Stellt Herr Clees diese Technik, oder muss die Stadt das selbst bezahlen? Ohnehin bin ich der Meinung, dass die Verwaltung nicht in Riesenklötzen untergebracht, sondern dezentral über die Stadt verteilt sein sollte, damit sie von allen Menschen gut erreicht werden kann.“

Rundschau: Gibt es für Sie Schwerpunkte im Bereich Sport?

Dahlmann: „Eine BHC-Arena im ,Wicküler Park’ könnte funktionieren, wenn der BHC selbst das für umsetzbar hält. Ich bin außerdem immer wieder überrascht, wie viele Nischensportarten mit vielen Europameistern es in Wuppertal gibt. Ich finde, das Sport-Dezernat muss diese Bereiche mehr im Fokus haben.“

Rundschau: Apropos Verwaltung. Deren Chef wären Sie, wenn Sie als OB gewählt würden.

Dahlmann: „Ein Oberbürgermeister müsste die unteren Abteilungen, aus denen viele gute Ideen kommen, die sich aber viel zu selten gegen ihre oberen Etagen durchsetzen können, deutlicher stärken und fördern. Außerdem müsste das OB-Büro Ansprech- und Anlaufstelle für Sorgen der Bürger sein. Was mir zurzeit fehlt, ist Lenkungs- und Steuerungskompetenz. Zustände wie im Einwohnermelde- oder Straßenverkehrsamt sind kein Schicksal. Da kann man mit Personalumschichtungen aktiv werden. Das ständige ,Das geht nicht’, das von vielen Dezernenten zu hören ist, das geht gar nicht.“

Rundschau: Was nach allgemeiner Ansicht gar nicht geht, ist ein „Weiter so“ in Sachen Mobilität. Wie sehen Sie das?

Dahlmann: „Wuppertal als Autostadt kann nicht mehr die Zukunft sein. Aber Mobilität muss als Zusammenspiel aller Verkehrsarten gedacht werden. Beispielsweise müssen wir das Bus-Netz ausbauen, brauchen mehr Radwege und auch einen Radweg auf der B7, aber ohne deswegen die anderen Verkehrsteilnehmer auszubremsen.“