Tierschützerin Melina Jörgens Wuppertaler Rehkitz-Rettung per Drohneneinsatz
Wuppertal · Das Mähwerk – eine tödliche Gefahr für Rehkitze. Rund 100.000 Jungtiere sollen in Deutschland jährlich durch Mäharbeiten ums Leben kommen. Die Wuppertaler Tierschützerin Melina Jörgens setzt sich gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten für ihre Rettung ein. Mit Hilfe einer Drohne bewahren sie die Kitze vor einem „Mähtod“.
Im Frühjahr, wenn die Landwirte vorhaben, ihre Wiesen das erste Mal zu mähen, beginnt die sogenannte Setzzeit bei den Rehen. So bezeichnet man den Zeitraum, in dem Kitze geboren werden. Die Jungtiere werden von ihren Müttern im hohen Gras zurückgelassen, während die im Wald auf Nahrungssuche gehen.
Und dann beginnt auch Melina Jörgens Einsatz für die Kitze. Denn von alleine würden die frisch gesetzten Tiere niemals in den Wald flüchten, wenn der Mähdrescher naht. „Die Jungtiere besitzen in ihren ersten Lebenswochen keinen Fluchtinstinkt. Bei drohender Gefahr ducken sie sich nur noch tiefer ins Gras und verharren dort“, erklärt die Tierschützerin vom Katernberg. Eigentlich sei das Versteck im Gras ein guter Schutz vor Feinden: „Die Kitze haben noch keinen Eigengeruch und können so nicht von natürlichen Feinden wie Füchsen aufgespürt werden.“
Seit rund einem Jahr führen sie und ihr Lebensgefährte die ehrenamtlichen Rettungsaktionen mit Hilfe einer Drohne aus. Als Kitz-Retter sind die beiden aber schon länger tätig. „Früher sind wir die Wiesen mit anderen Helfern in einer Art Menschenketten Stück für Stück abgegangen, das dauerte sehr lange und wir brauchten viele Leute dafür. Die Drohne vereinfacht die Suche sehr. Mein Partner ist Jäger. Über ihn kam ich zur Kitz-Rettung. Denn Jäger sind auch zur Hege und Pflege von Wildtieren im Einsatz.“
Und so funktioniert die Kitz-Rettung per Multicopter: Landwirte und Pächter in ganz Nordrhein-Westfalen können sich bei Melina Jörgens über die Internetseite www.kitzrettung.nrw melden. „Der Einsatz ist ehrenamtlich“, so die hauptberuflich arbeitende Heilpraktikerin mit eigener Praxis im Luisenviertel. Am Tag der geplanten Mahd geht es schon ganz früh los. „Wir beginnen zwischen halb fünf und fünf Uhr, denn in diesen frühen Morgenstunden ist der Boden noch kühl und die Wärmebildkamera an der Drohne kann die Tiere wegen ihrer Körperwärme im Feld besonders gut erkennen.“ Die mehrere Tausend Euro teure Drohne fliegt in 60 bis 80 Metern Höhe und kann ein bis zu zwölf Hektar großes Feld absuchen.
Wenn die Drohne dann eine Veränderung der Temperatur anzeigt, könnte dies ein im Gras verstecktes Kitz sein. „Es ist trotzdem nicht leicht, das Kitz zu finden. Einige sind gerade mal so groß wie eine Katze. Wenn wir eins gefunden haben, dann nehmen wir es mit Handschuhen und viel frischem Gras hoch, damit es keinen menschlichen Geruch annimmt und von der Mutter nicht abgelehnt wird. Danach tragen wir es an den Wiesenrand.“ Und dort wird es abgelegt und ein Wäschekorb über das Tier gestülpt. Der Landwirt kann dann seine Mäharbeiten beginnen.
Ein Wäschekorb? „Wer beim Spazieren oder Wandern am Rande einer Wiese einen umgedrehten Wäschekorb mit einem Kitz drin sieht, sollte sich nicht nähern oder das Tier ‚befreien‘. Es bleibt dort zu seinem Schutz, bis die Wiese gemäht ist. Danach lassen wir es wieder frei und sie fangen an zu fiepen. Dann ist auch schon recht schnell die Mutter wieder da“ ,erläutert Melina Jörgens.
Auf ihrer Webseite www.kitzrettung.nrw haben Melina Jörgens und ihr Lebensgefährte die Aktion „10 Cent für ein Leben“ gestartet. Wer sich dafür anmeldet, unterstützt die beiden ehrenamtlichen Tierschützer mit einem Beitrag von 10 Cent pro gerettetem Kitz.
„Der Beitrag ist nur symbolisch. Die Zeit, Hingabe und Vorbereitung, die wir bisher schon in das Projekt gesteckt haben, ist mehr wert als alles Geld, das wir in Equipment investiert haben. Vielmehr möchten wir aufklären und Interessierten eine Möglichkeit geben, ganz nah dabei zu sein. Jeder, der an der Aktion teilnimmt, bekommt regelmäßig einen Newsletter zu unseren Rettungsaktionen und kann diese über einen ‚Kitzretter-Ticker’ verfolgen.“