Mit Marina Jenkner Klappstuhllesung auf dem Friedhof Hugostraße

Wuppertal · Einen ungewöhnlichen Ort hat sich Marina Jenkner für die Lesung aus ihrem Buch „Die Geschichtenlauscherin“ ausgesucht. Die Veranstaltung beginnt am 7. Juni 2024 um 19:30 Uhr auf dem Friedhof Hugostraße.

Marina Jenkner.

Foto: Christoph Müller

Von klein auf lauscht Agnes den Gesprächen anderer Menschen, hinter denen sich ganze Geschichten auftun. So liebt sie es auch, in einer Hochhaussiedlung zu wohnen und zwischen Flurgeräuschen und Straßen-Smalltalk mehr über ihre Nachbarn zu erfahren. Glücklich nimmt sie den Job als Bürokraft in einer psychologischen Praxis an und taucht in die Patientenschicksale ein. Doch während sie tagsüber die Lebensgeschichten der Klienten in den Computer tippen muss, sieht sie abends hilflos zu, wie ihr alter ostpreußischer Nachbar Theophil mit zunehmender Demenz seine Geschichte immer mehr verliert.

Marina Jenkner verarbeitet in ihrem Buch Lebensgeschichten, die gehört werden wollen. Das ist besonders – nicht nur wegen der ruhigen und einfühlsamen Erzählweise, sondern auch wegen der Geschichte selbst: eine Annäherung und ein Einlassen aufeinander zwischen Menschen verschiedener Generationen. Die Autorin lebt in Wuppertal und arbeitet seit 2006 als freiberufliche Texterin, Lektorin, Schriftstellerin und Filmemacherin. Mitte Mai wurde sie für ihre Erzählung „Nachthimmelweit“ mit dem Literaturförderpreis der GEDOK, dem Verband der Gemeinschaften der Künstlerinnen und Kunstfördernden, ausgezeichnet.

„Umso mehr freuen wir uns, dass Marina Jenkner am 7. Juni auf unserem Friedhof an der Hugostraße aus ihrem Buch ,Die Geschichtenlauscherin‘ lesen wird“, so Ingo Schellenberg (Geschäftsführer des Christlichen Friedhofsverbandes). „Es ist ein thematischer Brückenschlag – denn auch auf Friedhöfen finden sich viele Geschichten und Erinnerungen, die ebenfalls gehört werden sollten.“

Dem stimmt auch die Autorin selbst zu. „Friedhöfe sind für mich melancholische, aber auch sehr faszinierende Orte, eben weil sie Geschichten erzählen“, ergänzt sie. „Als Kind lief ich kurz nach der Wende im heutigen Polen über alte deutsche Friedhöfe auf der Suche nach verfallenen Grabsteinen mit den Namen meiner Vorfahren, als Studentin war ich auf Wuppertaler Friedhöfen beeindruckt von den prunkvollen Fabrikantengrabstätten mit historischen Engelsfiguren und morschen Reliefs – deshalb freue ich mich, jetzt an diesem besonderen Ort lesen zu dürfen.“

Interessierte sollten einen eigenen Klappstuhl und gegebenenfalls eigene Getränke mitbringen. Der Eintritt ist frei, um Spenden wird jedoch gebeten. Bei schlechtem Wetter findet die Veranstaltung in der Kapelle statt.