Ex-Vorstände nicht entlastet WSV steht das Wasser über dem Hals
Wuppertal · Der Fußball-Regionalligist Wuppertaler SV steckt in massiven finanziellen Schwierigkeiten. Das hat der kommissarische Vorstand am Montagabend (8. April 2019) auf der Jahreshauptversammlung bekannt gegeben. Das negative Eigenkapital steuert demnach auf 1,4 Millionen Euro zu. Am 28. Mai soll nun auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung über die Ausgliederung der ersten Mannschaft in eine Spielbetriebs-GmbH entschieden werden.
Der amtierende Finanzvorstand Melanie Drees kündigte gegenüber den 473 anwesenden Mitgliedern (davon 438 stimmberechtigt) an, dass derzeit geprüft werde, ob man Strafanzeige gegen den ehemaligen Vorstand oder Unbekannt stelle.
Der vom aktuellen Vorstand eingesetzte „Sonderermittler“ Horst Willich sagte, bereits im Oktober sei für die laufende Saison ein Defizit in Höhe von 500.000 Euro sichtbar gewesen. Nur ein Überbrückungskredit habe Ende 2018 eine Insolvenz verhindert. Dennoch sei nicht gegengesteuert worden, ein funktionierendes Controlling habe nicht exisitiert. Stattdessen seien wegen fehlender Einnahmen im Sponsoring (unter 500.000 statt über 700.000 Euro) und bei den Zuschauereinnahmen (minus 200.000 Euro) die Ansätze einfach erhöht worden. Der Transfer von Torjäger Christopher Kramer zum TSV Steinbach habe gerade einmal „10.000 Euro netto“ eingebracht.
Dem Verein könnte unterdessen für die Jahre 2012 bis 2015 die Gemeinnützigkeit aberkannt werden. Auch mit Blick auf die geplante Horst-Buhtz-Stiftung droht Ungemach. Die habe rund 275.000 Euro eingenommen, sei aber immer noch nicht gegründet. Außerdem sei das zu viel Geld, um noch als gemeinnützig zu gelten, hieß es.
Der kommissarische Vorstandssprecher Alexander Eichner zeichnete in der größtenteils äußerst sachlich verlaufenden Sitzung ein düsteres Bild der Lage. Viele Sponsorenverträge seien gekündigt worden: „In der Wertschöpfungskette des Vereins ist eine Kernschmelze eingetreten. Wenn wir Oberliga spielen, können wir das Kapital nicht mehr decken." Man habe einen Kostenfresser im Nacken, das Finanzamt im Genick.
Es sei zwingend notwendig, die Ausgaben deutlich zu reduzieren: „Wir müssen mit den Verwaltungskosten runter. Unter 100.000 Euro. Jede Position muss in Frage gestellt werden.“ Der Etat der ersten Mannschaft müsse wohl auf 350.000 Euro (“Schmalspur-Modell“) geschraubt werden. Die Kreditlinie bei der Stadtsparkasse beträgt rund 800.000 Euro. Das Geld ist über Bürgschaften abgesichert.
Eichner (“Ich glaube, das Problem begann 2016, da bin ich auch gegangen. Man entschied sich für die Strategie ,All in - WSV 2020’“) bestätigte, dass der ehemalige Vorsitzende Friedhelm Runge geholfen habe: "Wir mussten Maßnahmen ergreifen, um die Insolvenz abzuwenden. Ich habe Herrn Runge angerufen, nachdem wir bei der Bank waren. Das war die einzige Chance. Er hat sofort alle Termine abgesagt, und wir haben uns unterhalten. Er hat sofort gesagt: ,Ich gebe euch das Geld.' Das nur mal zum Thema, wie wichtig der WSV für Friedhelm Runge ist. Ohne Bedingungen. Spenden gingen nicht mehr. Wir haben deswegen einen Kredit zu einem Schamzins gemacht. Die gute Nachricht: Wir haben den Mai geregelt. Der Juni ist aber noch offen mit 100.000 bis 200.000 Euro."
Nach gut fünf Stunden (und damit nach Mitternacht) stimmten die noch anwesenden 301 Mitglieder über die Entlastung des Verwaltungsrates und des Vorstandes bis zum 30. Juni 2018 ab. Ergebnis Verwaltungsrat: Martin Bang, Karsten Engelmann, Bernd Gläßel, Marcus Harzen, Dr. Jürgen Hoß, Anja Jentjens, Thomas Lenz, Jörg Rönisch, Jens Thelen, Tobias Wicht und Dieter Schauf wurden nicht entlastet, dagegen Frank Niederhoff und Stefan Schey schon. Danach verweigerte die Versammlung den ehemaligen Vorständen Lothar Stücker und Manuel Bölstler deutlich die Entlastung - ebenso wie Harald Lucas, der einige Stimmen bekam.
Der neue Verwaltungsrat muss nun möglichst schnell einen neuen Vorstand wählen.