Jahresbilanz 2022 Verbraucherzentrale erlebte Ansturm
Die hohen Energiepreise und die gestiegene Inflation als Folge des russischen Angriffskrieges haben 2022 zu einer großen Belastung und Verunsicherung geführt. Mehr als 10.000 Ratsuchende haben sich im Jahr 2022 an die Wuppertaler Verbrauchzentrale gewendet.
„Zusätzlich zur Pandemie haben wir ein Krisenjahr erlebt, das bei vielen Menschen bestehende Probleme verschärft und neue aufgetan hat“, so Michelle Schüler-Holdstein (Leiterin der Beratungsstelle) bei der Vorstellung des Jahresberichts.
Gasmangellage, Lieferstopps, massenhafte Preiserhöhungsschreiben der Energieversorger, Entlastungspakete – die oft nicht vorhersehbaren Entwicklungen und darauf olgenden Anfragewellen stellten auch die Beratungskräfte vor große Herausforderungen. „Mit laufenden Fortbildungen einerseits und der Weiterentwicklung digitaler Angebote andererseits konnten wir qualifiziert und zeitnah auf die vielfältigen Fragen und Sorgen eingehen“, sagte Schüler-Holdstein.
Um Wartezeiten auf eine individuelle Beratung zu vermeiden, wurden mit Online-Gruppensprechstunden und Videochat-Beratungen Kräfte gebündelt. Von laufend aktualisierten Informationen, Rechentools und interaktiven Musterbriefen auf der Internetseite der Verbraucherzentrale NRW sowie der zentralen Hotline profitierten auch die Wuppertalerinnen und Wuppertaler.
Rat zu Energierecht, Energiesparen und bei Zahlungsproblemen
Im Schnitt dreimal mehr als zuvor mussten die Haushalte 2022 für Gas bezahlen, für Strom etwa doppelt so viel. Nicht nur Menschen mit geringen Einkommen brachte das in finanzielle Nöte. Die Beratungsstelle gab Rat zur Rechtmäßigkeit von Preiserhöhungen, prüfte die Korrektheit von Abschlagsberechnungen, informierte zu möglichen Sozialleistungen und half bei drohenden Energiesperren durch die Versorger. „Zugleich waren Informationen zum Energiesparen und zu Investitionen in energetische Sanierungen und erneuerbare Energien sehr gefragt“, heißt es.
Für die Ansprüche eingesetzt
Daneben beschäftigten die Beratungskräfte die ohnehin bestehenden Probleme der Verbraucherinnen und Verbraucher etwa mit untergeschobenen Verträgen, Fakeshops im Internet, betrügerischen Inkassoschreiben sowie Ärger mit Reiseanbietern oder Telekommunikationsunternehmen. Bei rund 3.000 Rechtsberatungen und -vertretungen haben sich die Verbraucherschützerinnen und -schützer zumeist erfolgreich für die berechtigten Ansprüche von Ratsuchenden eingesetzt.
Lieferengpässe und Betrüger
Ob E-Bikes, elektronische Geräte oder Möbel: Die weltweit gestörten Lieferketten führten im vergangenen Jahr zu teils langen Wartezeiten auf bestellte Waren. „Vor allem, wenn schon Vorkasse geleistet wurde, war der Frust groß“, berichtete die Beratungsstellenleiterin. Ihr Team half mit Informationen rund um das Kaufrecht und gegebenenfalls auch dabei, von Verträgen zurückzutreten und bereits überwiesenes Geld zurückzuholen.
Dass manche Dinge knapp, begehrt oder in seriösen Shops gar nicht zu haben waren, rief auch vermehrt betrügerische Internetanbieter auf den Plan. In den täuschend echt aussehenden Fakeshops gab es Brennholz, Generatoren und Solaranlagen, aber auch Gaming-Zubehör oder Haushaltsgeräte zu scheinbar unschlagbaren Preisen. „Wer hereingefallen war und Vorkasse geleistet hatte, sah sein Geld in der Regel nicht wieder und konnte nur Anzeige erstatten. Mit dem Online-Tool Fakeshop-Finder hat die Verbraucherzentrale 2022 aber ein nützliches Werkzeug geschaffen, um vorab die Seriosität von Shops zu prüfen“, so Schüler-Holdstein.
Beratung zu Reiserecht stark gefragt
Die teilweise chaotischen Zustände an den NRW-Flughäfen vermiesten im vergangenen Jahr vielen Flugreisenden den Urlaub. Streiks, gestrichene Verbindungen, verpasste Flieger wegen stundenlanger Wartezeiten an den Sicherheitskontrollen, verlorenes oder zu spät geliefertes Gepäck: Die Beratungsstelle klärte über Fluggastrechte auf und half bei der Forderung nach Erstattungen oder Entschädigungen. „Nicht immer klappte auch die Erstattung der sogenannten Corona-Gutscheine, die Reiseveranstalter dazu verpflichteten, geleistete Vorauszahlungen für später Corona-bedingt abgesagte Pauschalreisen zurückzuzahlen”, erläuterte die Beratungsstellenleiterin.
Finanzthemen im Fokus
Die Kündigungen langfristiger, gut verzinster Sparverträge war 2022 für viele Sparerinnen und Sparer ein Ärgernis. Ob diese rechtmäßig waren und ob eventuell die Nachberechnung von Zinsen gefordert werden sollte, war eines von vielen Themen im Bereich Bank- und Kapitalmarktrecht. Steigende Hypothekenzinsen ließen für viele die monatliche Belastung deutlich steigen und warfen Fragen zu Anschlussfinanzierungen auf. Drohten die Schulden über den Kopf zu wachsen – auch wegen unerwarteter Ereignisse wie Krankheit, Jobverlust oder hohen Nachzahlungsforderungen von Energieversorgern – half die Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung kostenfrei und unkompliziert, insbesondere damit Betroffene schnell zu einem Pfändungsschutzkonto kamen.
Photovoltaik, Wärmepumpe oder Strom vom Balkon?
Die Energiepreiskrise und die daraus resultierenden Verunsicherungen bestimmten die immens hohe Informationsnachfrage. Wie kann ich meinen Energieverbrauch senken? Welche Heizung ist die richtige? Ist Photovoltaik, eine Wärmepumpe oder eine Kombination von beidem die richtige Wahl? Welche Fördermittel gibt es? Auf solche Fragen gab die Energieberatung in zahlreichen Vorträgen, Online-Seminaren und an Infoständen Auskunft.
Auch Mieterinnen und Mieter erhielten Tipps, wie sie die steigenden Kosten im Blick behalten und selbst aktiv werden können – etwa durch einfache Spar- und Effizienzmaßnahmen oder eigene Stromerzeugung durch Stecker-Solargeräte. Energieberater Stefan Bürk: „In fast jedem Haushalt verstecken sich Einsparpotenziale, die es aufzudecken und zu nutzen gilt. Das nützt dem eigenen Geldbeutel, aber auch dem Klima.“
Faire Klamotten und weniger Plastikmüll
Die Umweltberatung hat auch 2022 vielfältige Anregungen für einen nachhaltigen Alltag gegeben. Informativ und praktisch erfuhren die Wuppertalerinnen und Wuppertaler beispielsweise, wie sie Plastikmüll im Bad vermeiden können. „Kleidung nachhaltig nutzen“ lautete das Motto zur Woche der Abfallvermeidung. Und um „vergessene Schätze“, die in jedem Haushalt schlummern, ging es bei der gleichnamigen Aktion, die auf Möglichkeiten aufmerksam machte, den Ressourcenverbrauch durch Teilen, Tauschen und Reparieren zu verringern.