Wuppertaler Appell Solidarität mit den Menschen im Iran

Wuppertal · In der „Wuppertaler Erklärung“ rufen Christinnen und Christen aus dem Kirchenkreis zur Solidarität mit den Menschen im Iran auf, die seit Monaten für Freiheit und Demokratie demonstrieren.

Pfarrerin Martina Köster-Schneider wünscht sich, dass viele Wuppertalerinnen und Wuppertaler die Erklärung unterzeichnen.

Foto: Archiv Kirchenkreis

„Für das Tanzen auf der Straße, für die Angst sich zu küssen, für meine Schwester, deine Schwester, unsere Schwestern“: So beginnt der Protestsong des iranischen Künstlers Shervin Hajipour. Er trägt den Titel „Baraye“, zu Deutsch „Für“. Dieses schlichte „Für“ hat Pfarrerin Martina Köster-Schneider tief bewegt. Sie versteht es als eine Fürbitte für Freiheit und Demokratie, die ihre Gemeinde und viele andere Menschen in Wuppertal mitbeten und mittragen sollten.

„Mich beeindruckt besonders, dass die Menschen im Iran nicht gegen etwas, sondern für etwas auf die Straße gehen. Wofür, das hat Shervin Hajipour in seinem Protestsong bewegend zusammengefasst.“ Was im Iran geschehe, gehe auch die Menschen in Wuppertal etwas an, betont die Theologin. Zumal viele schon seit Jahren in guter Nachbarschaft mit Iranerinnen und Iranerinnen leben.

Ein Appell für Menschenrechte

Gemeinsam mit dem Presbyterium ihrer Gemeinde Gemarke-Wupperfeld und Gästen eines Abendgebetes in der Gemarker Kirche hat Martina Köster-Schneider daher eine „Wuppertaler Erklärung“ verfasst. Darin werden Bürgerinnen und Bürger der Stadt und Entscheidungsträgerinnen und -trägerinnen aus Wirtschaft und Politik aufgefordert, Haltung gegenüber dem iranischen Regime zu zeigen und die Einhaltung von Menschenrechten und Verfolgung von Menschenrechtsverletzungen einzufordern.

„Wir wünschen uns, dass möglichst viele Menschen aus Wuppertal unseren Appell unterzeichnen“, sagt Martina Köster-Schneider. „Er ist ein Zeichen der Solidarität und eine Form der schriftlichen Demonstration für alle Menschen im Iran, die täglich auf die Straße gehen und ihr Leben riskieren.“

Proteste und Hinrichtungen

Unter dem Motto „Frau.Leben.Freiheit“ fanden nach dem Tod von Jina Masha Amini die größten Proteste seit der Revolution von 1978 statt. Die junge Frau wurde im September 2022 von der Sittenpolizei verhaftet, weil sie ihr Kopftuch falsch getragen haben soll. Große Teile der iranischen Gesellschaft unterstützen die Demonstrationen, die vom Regime niedergeschlagen werden, aber immer noch anhalten.

Wie brutal die Regierung gegen Oppositionelle vorgeht, zeigt auch der jüngste Report von Amnesty International. Danach war der Iran im vergangenen Jahr für 65 Prozent aller weltweit bekannt gewordenen Hinrichtungen verantwortlich. Etwa zehn Menschen werden pro Woche hingerichtet.

Druck auf das iranische Regime ausüben

„In unserer Gemeinde leben Iranerinnen und Iraker, die 2016 vor dem Regime geflüchtet sind, und sich nun viele Sorgen um ihre Freunde und Verwandten machen“, erzählt Martina Köster-Schneider. „Sie haben maßgeblich an der Erklärung mitgewirkt.“

Lokal Druck machen, damit international Druck auf das Regime ausgeübt wird – das ist im Fall des iranischen Regimes keineswegs ausweglos, wie etwa Amnesty International betont. Die iranischen Machthaber fürchten internationale Aufmerksamkeit, denn sie untergräbt ihr Selbstbild als legitimer Staat. So konnten einige Hinrichtungen bereits gestoppt werden.

„Wir beten für die Protestierenden, aber wir wollen auch handeln“, sagt Martina Köster-Schneider. „Die Wuppertaler Erklärung soll dazu beitragen, dass ihr Widerstand in unserer Stadt wachgehalten wird und nicht angesichts der vielen anderen Krisen in der Welt wieder in den Hintergrund rückt.“