Grüne contra "Initiative Seilbahnfreies Wuppertal" Seilbahn-Debatte: "Dieser Vorwurf ist absurd"
Wuppertal · In einem offenen Brief weisen die Grünen die Kritik der "Initiative Seilbahnfreies Wuppertal" zurück. Diese hatte der Partei unter anderem vorgeworfen, die Bürgerbeteiligung ad adsurdum zu führen und sich undemokratisch zu verhalten.
Der Wortlauf der grünen Stellungnahme:
"Sehr geehrter Herr Zeidler, sehr geehrte Damen und Herren,
mit großem Interesse und Erstaunen habe ich den Bericht ,Seilbahn-Gegner: Kritik an Grünen' in der Wuppertaler Rundschau gelesen. Mit Interesse, weil ich die inhaltliche Auseinandersetzung zum Thema Seilbahn (unabhängig vom Zeitpunkt der geplanten Bürgerbeteiligung) eigentlich für sehr wichtig und belebend halte, mit Erstaunen, weil ich Ihre Vorwürfe gegen meine Fraktion und mich in Form und Inhalt nicht nachvollziehen kann.
Wir haben am 8. August 2016 den bahnpolitischen Sprecher unserer Bundestagsfraktion, Matthias Gastel, zu Besuch in Wuppertal gehabt und gemeinsam mit ihm verschiedene für unsere Stadt wichtige Projekte rund um das Thema Mobilität erörtert. Die geplante Seilbahn nahm dabei den größten Raum ein, auch wenn es in Wuppertal natürlich noch viele weitere wichtige Verkehrsthemen gibt wie zum Beispiel die Nordbahntrasse.
Zu diesem Termin auf Küllenhahn haben wir sowohl Sie als auch die Pro-Initiative eingeladen und am 8.8. ihre Absage erhalten. Mit dieser Absage verbunden waren Hinweise, unter welchen Bedingungen Sie an diesem Termin teilgenommen hätten (keine Diskussion mit der Pro-Initiative, keine Presse, Ausweitung des Termins auf mindestens drei Stunden). Wir haben Ihre Absage mit Bedauern hingenommen, aber natürlich trotzdem keinen Grund gesehen, deswegen auf eine Durchführung zu verzichten. Ihre Angriffe sind daher umso weniger nachvollziehbar als sie bei anderen Anlässen (zu Recht) jederzeit die Gelegenheit nutzen, für Ihre Interessen möglichst viel Aufmerksamkeit zu erhalten, zuletzt im Rahmen der WDR-Sendung ,Menschen hautnah'.
Die grüne Position zum Seilbahn-Projekt ist Ihnen seit langem bekannt und nicht neu. Von Anfang an haben wir uns offen gezeigt, und auch im letztjährigen OB-Wahlkampf war ich mit Mitgliedern meiner Fraktion vor Ort und habe mir mit ihnen die Trasse angesehen (im übrigen mit anschließender Öffentlichkeitsarbeit Ihrerseits, die mit mir nicht abgesprochen war), so dass ich mich schon sehr darüber wundere, dass Sie in Ihren aktuellen Äußerungen den Eindruck erwecken als hätten wir Grüne Ihr Angebot als Einzige bislang nicht wahrgenommen. Weiterhin haben Sie an einer Diskussionsveranstaltung unseres Kreisverbandes teilgenommen und waren auch zu Gast in unserer Fraktion.
Unsere Position ist Ihnen und der Öffentlichkeit also bekannt und kommt nicht überraschend. Die von Ihnen gegen das Projekt vorgebrachten Hinweise und Ihre Kritik ist bei uns sehr wohl angekommen, und wir werden auch darauf achten, dass diese bei den weiteren Prüfungen und Planung berücksichtigt werden. Trotzdem halten wir das Projekt an sich für eine spannende Sache und würden uns über eine Realisierung freuen.
Was ich gar nicht nachvollziehen kann, ist der Vorwurf, es sei undemokratisch, wenn sich eine politische Partei inhaltlich zu einem Projekt positioniert. Genau das ist die Rolle von Parteien in einer Demokratie: Beteiligung am Meinungsbildungsprozess. Daher ist dieser Vorwurf und die Forderung nach politischer Neutralität von Parteien auch vor dem Hintergrund der anstehenden Bürgerbeteiligung absurd.
Unser Statement beeinflusst die Bürgerinnen und Bürger genauso wenig wie iIhr ausführlicher (und eben nicht neutraler) Auftritt im WDR-Fernsehen oder die kürzlich in einer Mitteilung formulierte kritische Haltung einer anderen Ratsfraktion, an deren Stellungnahme Sie demokratietheoretisch offenbar nichts auszusetzen hatten. Wenn Sie an Terminen und Diskussionen nicht teilnehmen wollen, ist das Ihr gutes Recht, aber ich lasse mir weder undemokratisches Verhalten vorwerfen noch nicht das Recht nehmen, mich zu Themen zu äußern, nur weil Sie meinen Standpunkt nicht teilen.
Sie haben in der Vergangenheit nach eigener Aussage immer viel Wert darauf gelegt, sachorientiert und unaufgeregt in der Öffentlichkeit aufzutreten. Ich würde mich darüber freuen, wenn Sie in Zukunft wieder zu dieser Strategie zurückkehren würden. Anderen undemokratisches Verhalten vorzuwerfen, weil man inhaltlich nicht übereinstimmt, ist unsachlich und sinnfrei und hat aus meiner Sicht daher in dieser Diskussion nichts zu suchen.
Mit freundlichen Grüßen
Marc Schulz, Fraktionsvorsitzender"