Else-Lasker-Schüler-Gesamtschule demonstriert für mehr Lehrkräfte „Äpfel nicht mit Birnen vergleichen“

Wuppertal · Als Mitglied des Bündnisses „Schule³“ wird die Else-Lasker-Schüler-Gesamtschule am 29. Januar mit der gesamten Schülerschaft auf den Elberfelder Bahnhofsvorplatz ziehen, um mehr Lehrkräfte, mehr Sozialpädagogen und eine Sanierung ihres Schulgebäudes zu fordern. Schulleiterin Dorothee Kleinherbers-Boden erklärt im Vorgespräch, was der „Else“ am dringendsten fehlt und was hinter dem Bündnis „Schule³“ steckt.

Seit 21 Jahren ist Dorothee Kleinherbers-Boden Schulleiterin an der Else-Lasker-Schüler-Gesamtschule. Seit 21 Jahren wurde am Gebäude nichts mehr saniert. Es fehlt Platz, es fehlen Lehrer und es fehlen Sozialpädagogen, findet die Direktorin.

Foto: Wuppertaler Rundschau/flo

Im ersten Moment stutzt man bei der vom Bündnis formulierten Forderung „Ungleiches ungleich behandeln“. Ungleichbehandlung klingt falsch, ist aber ein fairer Kompromiss und für Schulen des Standorttypes 5, wie die Else-Lasker-Gesamtschule in Elberfeld, genau das Richtige.

Im Sommer 2018 haben sich 23 Schulen, die an so genannten „herausfordernden Standorten“ angesiedelt sind, unter dem Dach der „Gemeinnützigen Gesellschaft Gesamtschule“ (GGG) zusammengeschlossen, um nicht nur Konzepte auszutauschen, sondern ihre „besonderen“ Bedürfnisse auch ans Ministerium und in die Öffentlichkeit zu tragen.

Im vergangenen Sommer sprachen sie auf der Landespressekonferenz, seit September stellt jeden Monat jeweils eine Bündnis-Schule eine Aktion auf die Beine, um NRW-weit Aufmerksamkeit zu erregen. In Essen war es eine Menschenkette durch die Innenstadt, in Rheinhausen ein Flashmob im Einkaufszentrum, in Wuppertal soll es eine Performance mit der gesamten „Else“-Schülerschaft auf dem Döppersberg werden.

In Wuppertal ist die „Else“ die einzige Gesamtschule des Standorttypes 5, also eine Schule, in der der Anteil der Hartz-4-Empfänger hoch und der der Akademiker-Eltern niedrig ist. Mit Einführung der Lernstanderhebung vor knapp zehn Jahren wurde zum ersten Mal über eine Standorttyp-Klassifizierung gesprochen. „Denn man kann Äpfel nicht mit Birnen vergleichen“, erklärt „Else“-Schulleiterin Dorothee Kleinherbers-Boden die Notwendigkeit, Unterschiede wahrzunehmen. Dass „besondere“ Schulen aber auch besondere Anforderungen haben, darauf wurde bisher von Seiten des Schulministeriums wenig Rücksicht genommen.

1.429 Jugendliche lernen aktuell in der Gesamtschule am Ostersbaum, 136 Lehrkräfte kümmern sich um sie, davon über 50 Prozent in Teilzeit und Studenten, die neben der Uni ein paar Stunden unterrichten. „Wir möchten unseren Schülerinnen und Schüler auch weiterhin Konzepte zur Persönlichkeitsentwicklung anbieten und gezielte Sprachförderung, da ein Großteil von ihnen aus Familien mit Migrationshintergrund kommt.“

Mehr Lehrer, mehr Zeit, eine dritte Lehrerstelle, die zur Sozialpädagogenstelle umgewandelt werden darf – das sind Wünsche, die Lehrer und Schüler der „Else“ ausnahmsweise geschlossen teilen.

„Zwei unserer Stellen konnten wir bereits anstatt mit Lehrern mit Sozialpädagogen besetzen. Eine dritte wird in der Regel nicht gestattet, wäre aber notwendig, um mit den Schülern Kompetenzen zu vertiefen“, erklärt die Direktorin.

Bereits im November vergangenen Jahres gingen die Schüler der „Else“ auf die Straße, um öffentlich den maroden Zustand ihres Schulgebäudes anzuprangern und Druck auf die Stadt als Träger der Schule auszuüben.

„Seit 21 Jahren bin ich hier Schulleiterin, seit 21 Jahren wurde nicht saniert“, beklagt Kleinherbers-Boden. Als Reaktion auf die Demo statteten Oberbürgermeister Andreas Mucke, Sozialdezernent Stefan Kühn und der Chef des Gebäudemanagements, Hans-Uwe Flunkert, der Gesamtschule einen Besuch ab. Versprochen wurden Schönheitsmaßnahmen, also ein neuer Anstrich und die Prüfung, ob die Schule Container als zusätzliche Klassenzimmer auf den Hof stellen darf.

Aber: „Eine komplette Sanierung wird es wohl vor 2024 nicht geben.“ Der Grund: Es fehlt ein Ausweichquartier. Die ehemalige Justizvollzugsschule auf der Hardt kommt wegen erheblicher Gebäudeschäden für die Zwischennutzung aktuell nicht in Frage. Unklar ist auch, wer für die Instandsetzung des Ausweichquartiers verantwortlich ist. Und bevor die „Else“ an der Reihe ist, steht auch erst noch das Johannes-Rau-Gymnasium auf der Sanierungsliste.

In zwei Jahren wird sich Dorothee Kleinherbers-Boden, mittlerweile 65, vom Schuldienst zurückziehen. Auch wenn die Direktorin eine Sanierung ihres Schule wohl nicht mehr erleben wird, wird sie bis zu ihrer Pensionierung alles geben, um für bessere Bedingungen an der „Else“ kämpfen.

„Viele unserer Schüler engagieren sich in der ,Fridays for Future’-Bewegung. Sie kämpfen auch nicht nur für sich selbst, sondern für nachfolgende Generationen“, bekräftigt Kleinherbers-Boden ihr Engagement.

Haben Sie Verständnis dafür, dass die Gesamtschule Else-Lasker-Schüler für mehr Personal und die Sanierung ihrer Schule demonstriert? Hier geht es zu unserer Online-Umfrage: https://www.wuppertaler-rundschau.de/umfrage/.