Weltfrauentag „Die Anzahl der Frauen in der Partei ist zu gering“

Wuppertal · Die Fraktionsvorsitzenden sind beide bei der Anfrage verblüfft. Nein, kein Scherz. Wir wollen dieses Mal nicht mit Frauen über Frauen sprechen, sondern mit den Fraktionsvorsitzenden der zwei größten Parteien im Wuppertaler Stadtrat über Chancengleichheit in der Politik. Ist das wirklich so abwegig? Redakteurin Nina Bossy trifft sich mit mächtigen Männern zum Weltfrauentag.

Klaus-Jürgen Reese (SPD).

Foto: SPD

Rundschau: Herr Reese, haben Männer und Frauen in der Politik dieselben Chancen?

Reese: Sie sollten dieselben Chancen haben, deshalb hat die SPD eine Quote, die besagt, dass in Parteifunktionen und Wahllisten seit 1994 Männer und Frauen jeweils zu mindestens 40 Prozent vertreten sein müssen. Tatsächlich aber, dass sehen wir an den Mitgliedzahlen, sind weniger Frauen als Männer in der Politik aktiv.

Rundschau: Fünf von 19 Ratssitzen sind bei der SPD-Fraktion mit Frauen besetzt. Ziemlich wenig, oder?

Reese: Tatsächlich sind es nur noch vier, eine Frau hat ihr Mandat niedergelegt, weil sie ihren Wohnort wechselt. Auf unserer Reserveliste stehen abwechselnd ein Mann und eine Frau. Nun rückt ein Mann nach. Dass so wenige Frauen derzeit im Rat sitzen, liegt dran, dass die Plätze über die Direktwahl vergeben worden sind. Das Grundproblem, dass die Anzahl der Frauen in der Partei geringer ist, bleibt.

Rundschau: Nicht ermunternd in die Politik zu gehen, ist eine Analyse der Gleichstellungsbeauftragten, die sagt, Männer verlassen den Rat, wenn Frauen sprechen.

Reese: Ich denke, dass es sich dabei um eine subjektive Einschätzung handelt. Meine Erfahrung sagt, dass Männer genauso rausgehen, wenn Männer reden. Man steht auf, zum Beispiel um den Diskussionsverlauf zu diskutieren. Und wenn meine Stellvertreterin spricht, kann ich hinausgehen, weil ich die Inhalte kenne, ihr vertraue und nicht, weil ich sie diskriminiere. Das ist Arbeitsteilung

Rundschau: Welche gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten sehen Sie heute und wie kann der Stadtrat als politisches Gremium darauf Einfluss nehmen?

Reese: Der Stadtrat hat Einfluss auf die Verwaltung und dort herrscht Chancengleichheit, allein durch den Tarif des Öffentlichen Diensts. Der Rat hat darüber hinaus einen Gleichstellungsplan beschlossen, der eine erhebliche Steigerung der Anzahl von Frauen in Führungspositionen zum Ziel hat.

Rundschau: Als erstes Stichwort zum Thema Chancengleichheit fällt oft die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Wie weit ist der Kita-Ausbau in Wuppertal? Dort wurde in den vergangenen Jahren unheimlich viel erreicht, aber wir müssen noch mehr tun. Eine Herausforderung ist es übrigens, genügend Erzieher und Erzieherinnen zu finden, um alle Kita-Plätze in Wuppertal vergeben zu können.

Reese: Hand aufs Herz, was halten Sie von einem Weltfrauentag? Er erinnert uns daran, dass die Diskussion weiter geführt werden muss. Ich halte aber praktisches Handeln für wichtiger als Symbolik.