Interview: Auf ein Stück Torte mit Helmut Gote "Ich mache keinen Sport für schlechte Süßigkeiten"
Wuppertal · Helmut Gote (60) möchte sich im Café Grimm treffen. "Ich suche immer die Gastronomie, die am Ort eine Bedeutung hat", sagt der Journalist, Radiokoch und Buchautor. An der Kuchentheke fragt er explizit nach Buttercreme-Torte.
Soll er bekommen, dazu ein Kännchen Kaffee. Redakteurin Nina Bossy wählt Zitronen-Baiser-Torte und Cappuccino.
Rundschau: Herr Gote, das Wort Butter hört man häufig aus Ihrem Munde. Gleichzeitig haben sie aber auch ein Diät-Kochbuch geschrieben. Welches Stück Butter ist denn zu viel des Guten?
Gote: Das, was das Essen fettig macht. Ich nehme Butter in keiner Weise als Bedrohung war, sondern als Delikatesse. Und Buttercreme-Torte ist für mich die Königin der Torten.
Wie schmeckt Ihr Stück?
Gote: Ausgezeichnet, ich glaube, es ist eine Nougat-Buttercreme. Zu der Diät-Frage zurück. Ich bin sowieso mit Essen pingelig, aber ich würde Süßes, das mir nicht schmeckt, nicht anrühren. Ich mache keinen Sport für schlechte Süßigkeiten.
Rundschau: In Ihrem aktuellen Kochbuch "Gote geht genießen" erkunden Sie Nordrhein-Westfalen nach regionalen Köstlichkeiten. Auch in Wuppertal machen Sie Stopp. Was macht für Sie denn die Bergische Waffel aus?
Gote: Dass sie fluffig aufgegangen und außen knusprig ist. Ich esse sie am liebsten mit heißen Kirschen und Vanillesoße.
Rundschau: Sie sind in Wuppertal, um ein Faires Dinner in der Villa Media zu präsentieren. Mit thailändischem Hähnchencurry und türkischer Linsensuppe liest es sich exotisch. Was ist die Idee hinter dem Menü?
Gote: Fairtrade-Produkte kommen häufig aus Afrika oder Asien. Die Gepa bietet tolle Fairtrade-Produkte, die ich in diesem Menü verwende.
Rundschau: Essen ist heute oft eine ethische Frage, die auch überfordern kann. Bio, fair, regional, saisonal — wie kann man da noch den Überblick haben?
Gote: Zunächst einmal sollte man sich nicht von den Siegeln verrückt machen lassen. Es gibt ein paar, die Sinn machen und als gute Leitlinie taugen, wie das Fairtrade-Siegel. Ansonsten finde ich schon zumutbar, dass wir uns mit unserem Essen und seiner Herkunft beschäftigen. Wir essen schließlich täglich — das ist ein großer Bereich, in dem viel bewegt werden kann.
Rundschau: Was halten Sie von dem Label "regional"?
Gote: Nichts. Der Begriff ist nicht geschützt und die Konzerne freuen sich riesig, dass sie mit ihm frei werben können. Aber was ist daran sinnvoll, wenn ich in Köln, 40 Kilometer von Belgien und Holland entfernt, Molkereiprodukte aus dem über 500 Kilometer entfernten Bayern kaufe? Und was hat das regionale Mast-Schweinefleisch aus dem Münsterland für einen ethischen Wert, nur weil es aus mieser — regionaler — Tierhaltung stammt?
Rundschau: Nächstes Stichwort, "saisonal". Taugt das als Einkaufsorientierung?
Gote: Saisonal finde ich gut. Alles, was bei uns wächst, und eine Saison hat, sollte man auch nur dann kaufen. Die Himbeere zum Beispiel. Generell sollten wir Prioritäten setzen und uns informieren. Wir sollten aber nicht erwarten, für unser Essverhalten heiliggesprochen zu werden.
Rundschau: Themawechsel. Wir hören Sie im Radio oft vom Kochen sprechen. Aber wo kochen Sie überhaupt?
Gote: Zuhause. In unserer Familienküche probiere ich alles aus, was ich den Hörern vorstelle. 16 Quadratmeter groß, gut organisiert.
Rundschau: Sind Sie ein Gerätefreak?
Gote: Überhaupt nicht. Ich empfehle den Zauberstab von Esge, zum Backen habe ich eine Kitchen-Aid. Ansonsten ist Kochen doch das Sinnlichste, was uns im Alltag geblieben ist. Das sollten wir uns nicht von Wahnsinns-Küchenmaschinen nehmen lassen.
Rundschau: Sie sind Journalist und Koch. Hätten Sie nicht mal Lust, nur Koch zu sein und in Ihrem eigenen Restaurant zu stehen?
Gote: Ich gehe ja beruflich seit Jahrzehnten essen, und die Anzahl der Restaurants, die ich gut finde, ist immer geringer geworden. Natürlich juckt es da, es selbst zu versuchen, es besser zu machen. Aber ich bin auch gerne Journalist. Für meine Sendungen auf WDR 2 und WDR 5 kulinarische Themen journalistisch aufzubereiten, macht mir wirklich — immer noch — richtig Freude.