Dienstag im Rathaus Bremst die GroKo Bürgerbeteiligung aus?
Wuppertal · Die aus Bürgern, Politikern und Verwaltungsleuten bestehende Arbeitsgruppe, die mehrere Monate lang die Wuppertaler Bürgerbeteiligungsleitlinien entwickelte, hat ein Problem: Ihr einstimmig gefasster Beschluss für einen unabhängigen, nicht nach Parteienproporz besetzten Bürgerbeteiligungsbeirat kommt bei SPD und CDU (vor allem offenbar bei der SPD) nicht gut an.
Die Sozialdemokraten wollen lieber einen üblichen Rathaus-Ausschuss.
Am Dienstag (17. Oktober 2017) gibt es deswegen um 18 Uhr im Barmer Rathaus (Raum A 260) ein öffentliches, von Oberbürgermeister Andreas Mucke moderiertes Treffen. In der Einladung dazu heißt es: "An diesem Abend möchten wir mit Ihnen schwerpunktmäßig über das geplante Gremium für die Bürgerbeteiligung ins Gespräch kommen. Von Seiten der Ratsfraktionen SPD und CDU gibt es Anregungen und Änderungswünsche hinsichtlich der Form eines solchen Gremiums." Am Donnerstag trafen sich Mitglieder der Leitlinien-Arbeitsgruppe, um ihre Position vorab zu besprechen.
Klar ist: Die ehrenamtlichen Aktiven aus der Arbeitsgruppe, die während acht Sitzungen die (immer noch nicht vom Rat beschlossenen) Bürgerbeteiligungsleitlinien entwickelt haben, können sich die Zukunft der Wuppertaler Bürgerbeteiligung ohne Beirat nicht vorstellen. Fünf Politiker, fünf Verwaltungsleute, zehn Mitglieder aus bürgerschaftlichen Initiativen sowie fünf ganz zufällig ausgewählte weitere Bürger sollen ihn bilden — alle (!) hätten Rede- und (!) Stimmrecht. Das ist in einem Ausschuss nicht so.
Cathy Reinbothe (Utopiastadt/Opendatal), Iris Colsman (Färberei), Dieter Hofmann (Kompetenznetzwerk Bürgerhaushalt) und ihre Mitstreiter machten am Donnerstag deutlich: "Wir sind uns sehr einig. Wir stehen zu dem, was wir erarbeitet haben. Wenn die SPD sich durchsetzt, könnte die Arbeitsgruppe das nicht mittragen." Pikant dabei: Sowohl SPD als auch CDU waren (wie Grüne, Linke und FDP) Mitglieder der Arbeitsgruppe, die sich einstimmig für einen Beirat (und bewusst nicht für einen Ausschuss) ausgesprochen hatte.
Klaus-Jürgen Reese, Fraktionschef der SPD, präferiert jedoch die Einrichtung eines Rats-Ausschusses: "Dafür sprechen pragmatische Gründe. Während ein Beirat irgendwo im luftleeren Raum agieren würde, wäre ein Ausschuss in den politischen Abläufen über die Ratsgeschäftsordnung klar definiert." Schließlich gäbe es auch ohne den abgewählten Dezernenten Panagiotis Paschalis in der Verwaltung immer noch eine Stelle für Bürgerbeteiligung, die unmittelbar beim Oberbürgermeister angesiedelt sei.
Der wiederum wusste jedoch von nichts, als seine eigene Partei in der Ratssitzung vor den Sommerferien den Antrag stellte, die Verabschiedung der Leitlinien zu verschieben. "Ich war von der Vertagung ziemlich überrascht", so Andreas Mucke auf Rundschau-Nachfrage.
Dieter Hofmann zur Position von Reese: "Mehr Effizienz mag ja sein, aber uns geht es um mehr Demokratie. Um mehr Bürgerdemokratie." Die offiziell gewählte und besetzte Arbeitsgruppe, die vom Stadtrat beauftragt wurde, einen Entwurf der Bürgerbeteiligungsleitlinien zu entwickeln, habe auf der Basis einer stadtweiten Diskussion den jetzt vorliegenden Konsens erarbeitet. "Es muss eigentlich klar sein, dass auch die Parteien, die selbst an dem Prozess beteiligt waren, an das Ergebnis gebunden seien."
Dies unterstreicht auch Marc Schulz, Fraktionsvorsitzender der Grünen. "Ich wünsche mir, dass man das Ergebnis der Arbeitsgruppe ernst nimmt. Ich werde nichts mittragen, was gegen den Willen der Bürger ist. Das Vorgehen zeigt, dass man bei der SPD nicht verstanden hat, worum es bei der Bürgerbeteiligung geht — man muss auf Augenhöhe miteinander arbeiten."
Es wird also spannend: Was passiert, wenn sich CDU und SPD am Dienstag nicht mit den Bürgern über die Frage Ausschuss oder Beirat einigen? Wird der Rat dann trotzdem dem gefassten Beschluss zustimmen — oder stellen sich SPD und CDU mit ihren Stimmen gegen den Willen der Arbeitsgruppe? Andreas Mucke: "Ich werde dem Rat auf jeden Fall empfehlen, dem Votum der Arbeitsgruppe zu folgen."