ÖPNV in Wuppertal Massiv unattraktiv
Betr.: Zustand des ÖPNV in Wuppertal
Neben der Corona-Pandemie ist der zunehmend erlebbare Klimawandel unser größtes Problem. Um ihn zu bekämpfen, und da besteht kein ernstzunehmender Zweifel mehr, ist die Reduktion von klimaschädlichen Gasen wie CO2 eine wichtige Zukunftsaufgabe. Neben Industrie und Kohleverstromung ist der Autoverkehr als einer der größten Emittenten dieser Gase zu nennen.
Es ist daher dringend erforderlich, die Zahl der Autofahrten auf ein absolut nötiges Maß zu beschränken. Ein Mittel unter mehreren anderen, und da sind sich alle Experten einig, ist der Ausbau des Öffentlichen Personen-Nahverkehrs (ÖPNV). Die Diskussion um dieses Thema scheint mir angesichts des momentanen Hype um das Fahrrad etwas aus dem Bewusstsein der Menschen zu geraten.
Auch in Wuppertal ist das Bestreben, dem Fahrradverkehr höchste Priorität einzuräumen, spürbar. Es wird hoch erfreut be-richtet, dass er in rund zehn Jahren von zwei Prozent auf acht Prozent Anteil am Gesamtverkehr gestiegen sei. Ich denke, dass der Radverkehr zwar weiter als umweltfreundliches Verkehrsmittel für die kurzen Wege gefördert werden sollte, aber den wesentlichen Beitrag, um die Klimaziele der Bundesregierung zu erreichen, muss der ÖPNV liefern, der jedoch lange Zeit in Wuppertal anscheinend keiner Erwähnung würdig war.
Dankenswerterweise thematisieren nunmehr auch Institutionen wie IHK und „Pro Bahn“ die Probleme des ÖPNV in Wuppertal. Grundsätzlich benötigt es in unserer Stadt mehr Angebot und nicht weniger. Dies sollte Bestandteil des Zukunftsprogrammes von Herrn Oberbürgermeister Schneidewind werden!
Mein Eindruck ist, dass der Zustand des von der WSW mobil GmbH zu verantwortenden ÖPNV besorgniserregend ist. Dies drückt sich nicht allein durch massive Linienkürzungen, die in der nächsten Zeit erfolgen sollen, aus, sondern auch durch ein Desaster ungeahnten Ausmaßes, dass die Schwebebahn für lange Zeit stillgelegt hat. Darüber hinaus geht es aber auch um (in Vor-Corona-Zeiten) überfüllte Busse auf bestimmten Linien.
Während Verkehrsunternehmen in anderen Städten bereits einen Zehn-Minuten-Takt haben und über einen Fünf-Minuten-Takt nachdenken, beharren die WSW auf ihrem 20/30-Minuten-Takt. Dies hatte zur Folge, dass alte und kranke Menschen (Rollstuhlfahrer, Rollator-Nutzer) sowie Mütter mit Kinderwagen wegen massiver Überfüllung mancher Busse nicht mitgenommen werden konnten. Für diese Menschen hat der Radverkehr keinerlei Bedeutung.
Aber es geht auch um die fehlenden Fahrplanbücher. Es wird seitens der WSW vorausgesetzt, dass jeder potenzielle Fahrgast im Besitz eines Smartphons oder eines Computers ist, um sich online zu informieren. Viele, vorwiegend ältere Menschen haben allenfalls ein Mobiltelefon, aber ansonsten keinerlei Beziehung zu modernen Kommunikationsmitteln. Demzufolge sind sie auch nicht in der Lage, sich zum Beispiel eine günstige Umsteigeverbindung zu Zielen, die sie erreichen wollen, herauszusuchen. Da hilft auch die Empfehlung der WSW nicht, man möge doch die kleinen Stadtteilfahrpläne nutzen. Die Planung einer Verbindung mit mehreren Umstiegen ist damit sehr aufwändig, unzumutbar und kundenunfreundlich.
Die geplanten Linienkürzungen und die oben geschilderten Probleme machen den ÖPNV in Wuppertal massiv unattraktiv. Nach Erfahrungen aus der Vergangenheit führt das zu geringerer Auslastung und könnte den Vorwand für eine Einstellung der Linie mangels Nachfrage liefern. Ist der ÖPNV unattraktiv, werden Menschen, die dies noch können, wieder das Auto als bevorzugtes Verkehrsmittel benutzen. Das wäre im Sinne der Bekämpfung des Klimawandels absolut kontraproduktiv.
Die geplanten Linienstreichungen in unserer Stadt erfolgen offenbar aus finanziellen Gründen. Ich fordere hiermit Bund, Land und Kommunen auf, die Finanzierung des ÖPNV auf eine solide Basis zu stellen und erst dann über eine Förderung des Radverkehrs nachzudenken.
Bruno Wortmann