Interview mit Julia Jones, Wuppertals neuer Generalmusikdirektorin "Töne sprechen für sich selber"
Wuppertal · Jetzt steht die Nachfolgerin für den scheidenden Generalmusikdirektor Toshiyuki Kamioka fest. Ab der Spielzeit 2017/18 übernimmt Julia Jones den Dirigentenstab. Über ihre Liebe zur Musik und über erste Ideen für Wuppertal sprach sie mit Rundschau-Redakteurin Sabina Bartholomä.
Rundschau: Wie fanden Sie zur Musik?
Jones: Wir hatten ein Klavier zu Hause, mit fünf Jahren habe ich begonnen zu spielen. Es entwickelte sich eine Faszination für die Musik, wie jeder Musiker fühlte ich mich von den Klängen angezogen.
Rundschau: Und dann beschlossen Sie, die Musik zu Ihrem Beruf zu machen?
Jones: Mit 13 Jahren kam ich auf ein Musikinternat, aber im Abitur hatte ich auch Mathematik, Chemie und Biologie als Schwerpunkt. Schon an der Schule mit 15 oder 16 Jahren habe ich als Pianistin Sänger begleitet. Und ich wollte unbedingt Kammermusik spielen.
Rundschau: Aber nicht die Pianistin sitzt heute hier, sondern die Dirigentin ...
Jones: Ja, das ist zu mir gekommen, man hat mich gebeten, eine Oper zu dirigieren. Als ich das erste Mal am Pult stand, sind so viele Gefühle über mich gekommen, das war wie ein Rausch.
Rundschau: Was ist das faszinierende daran zu dirigieren?
Jones: Man hat die Möglichkeit, in eine faszinierende Klangwelt einzutauchen, eine Welt von Farben und Kontrasten zu entdecken, die starke Emotionen auslösen. Wenn man ein Stück erarbeitet, dringt man bis in die Seele des Komponisten vor. Wir sind die Vermittler zwischen dem Komponisten und den Zuhörern, übersetzen die schwarzen Punkte auf dem Papier in Musik. Töne sprechen für sich selber, lösen Emotionen aus, können uns traurig oder glücklich machen, viel intensiver als Worte.
Rundschau: Haben Sie schon erste Pläne für Wuppertal?
Jones: Zunächst schaue ich mir alles an, die Pläne von den letzten Jahren. Dazu möchte ich Werke bringen, die die Musiker bisher selten oder noch gar nicht gespielt haben. Ich werde nicht alles anders machen, mein Vorgänger hat hier phantastische Arbeit geleistet. Aber ich möchte mit dem Orchester mehr in die Stadt gehen, auch Jugendliche ansprechen.
Rundschau: Warum gerade Wuppertal?
Jones: Das Sinfonieorchester Wuppertal ist ein sehr gutes Orchester mit hervorragenden Musikern, die spielfreudig und offen sind. Wir hatten schon tolle Konzerte zusammen und ich war beeindruckt von ihrer Flexibilität. Die Möglichkeit, jetzt auf einen festen Basis mit den Musikern zu arbeiten, möchte ich nicht missen. Ab 2017 werde ich hier wohnen, in der kommenden Spielzeit kann ich zwar einige Konzerte hier gestalten, aber noch nicht fest hier sein. Dazu habe ich noch zu viele Verpflichtungen.
Rundschau: Was hört Julia Jones privat, nur Klassik, oder auch Rock und Pop?
Jones: Privat höre ich fast ausschließlich Rock- und Popmusik, vor allem die Bands der 70er und 80er Jahre, Jazz mag ich auch. Als 2007 "Genesis" zum ersten Mal nach langer Zeit wieder auftraten, bin ich für das Konzert extra nach Toronto geflogen. Es war phantastisch.
Rundschau: Ein weiteres Kontrastprogramm ist Ihr Interesse am Fußball. Haben Sie einen Lieblingsverein?
Jones: Nein, früher war es einmal Liverpool, heute vergleiche ich ein Fußballteam mit einem Orchester. Jeder ist ein Könner mit viel Talent, aber zusammen sind sie ein Team, der Trainer ist wie der Dirigent. Ich mag die Arbeit von José Mourinho, Claudio Ranieri oder auch von Jürgen Klopp, dessen Taktik jetzt aufgeht, das hat man beim 4:3 gegen Dortmund gesehen. Und Leicester City hat eine ähnliche Erfolgsstory geschrieben wie Darmstadt. Wenn ich samstags die Zeit finde, schaue ich "Sky".