Von der Heydt-Museum Manet-Ausstellung: Ohne Zuckerguss und Pathos
Wuppertal · Er gilt als Wegbereiter des Impressionismus, war mit vielen seiner Vertreter befreundet und malte mit ihnen — dazugehörig fühlte er sich aber nie und lehnte eine gemeinsame Ausstellung stets ab: Keine Frage, Edouard Manet war ein Einzelgänger.
Ein Außenseiter mit einem Hang zur Provokation. Das Von der Heydt-Museum widmet dem Wegbereiter der Modernen Malerei jetzt eine umfassende Ausstellung und zeigt vom 24. Oktober bis 25. Februar 45 seiner Werke.
Vor drei Jahren klingelte bei Gerhard Finckh morgens das Telefon. Am anderen Ende war Heinz-Olof Brennscheidt, einer der wichtigsten Mäzene des Von der Heydt-Museums. "Ich habe einen Traum", soll er dem Museumsdirektor gesagt haben. "Sie wollten doch immer eine Manet-Ausstellung machen. Ich finde, Sie sollten das tun."
Der Museumsdirektor war ebenso begeistert wie skeptisch, sei es doch so schwierig, diese Werke zu bekommen. 45 von Manets Gemälden hat er schließlich als Leihgaben aus Tokio, New York, Sao Paulo, Oslo, Budapest, Stockholm, Melbourne, und Paris zusammengetragen — immerhin zehn Prozent des eher überschaubaren Gesamtwerks Manets. Dazu kommen Zeichnungen, Aquarelle, Fotos sowie Schlüsselwerke der Freunde Manets.
"Ich finde, die Ausstellung kann sich sehen lassen", sagt Finckh am Donnerstag, sichtlich zufrieden. Damit reiht sich die Manet-Ausstellung in eine Abfolge großer Impressionisten-Ausstellungen im Von der Heydt-Museum — von Renoir, Monet, Sisley und Pissarro bis hin zu Degas und Rodin — ein.
Im Fokus der Schau steht dabei Manets Verhältnis zu Politik, Weltanschauung und Gesellschaft im Frankreich des 19. Jahrhunderts. Unterteilt in elf Kapitel in elf Räumen der zweiten Etage des Museums lernen die Besucher das Universum des einflussreichen Malers kennen und können die Entwicklung seiner Karriere von den Anfängen als Schüler von Thomas Couture bis zu den leuchtenden Gartenbildern von 1882 kurz vor seinem Tod nachverfolgen.
Anfang und Ende bildet die Realisierung der "Allegorie auf den Triumph Manets", wie sie der Lyriker und Philosoph Paul Valéry vorgeschlagen hat, mit Hilfe der Werke der wichtigsten Künstler im Umfeld Manets. "Wir wollen auch sein Umfeld zeigen", erklärt Finckh, Kurator der Ausstellung, seinen Ansatz. "Wie ist er in die Situation eingebettet und wie ragt er heraus." Weitere Räume sind etwa Manet und den Skandalen, die er mit seinen Werken provoziert hat, Manets Verhältnis zur Fotografie und seinen Anfängen im Atelier Thomas Coutures und den Einflüssen der Schule von Barbizon auf Manets Frühwerk gewidmet.
Manet, geboren 1832 in Paris, wuchs in einem großbürgerlichen Haushalt auf. Der Vater Richter, die Mutter war Patentochter des schwedischen Kronprinzen und Tochter eines Diplomaten. Während der Schulzeit fiel Manet durch schlechtes Betragen und ungenügende Leistungen auf. Bei seinen Mitschülern war er jedoch recht beliebt, da er von ihnen und den Lehrern Karikaturen zeichnete — bis zu seinem Tod 1883 blieb Manet genau dieser Freigeist: unangepasst und kritisch.
Dennoch strebte der junge Manet erst eine Laufbahn bei der Marine an, stellte aber schnell fest, dass dies nichts für ihn ist. Geblieben ist jedoch seine Faszination für das Meer, dem er sich in vielen Motiven widmete und das in der Ausstellung einen eigenen Raum beansprucht.
"Manet malte für das französische Bürgertum, nicht für die Herrscher", so Finckh. Er war Befürworter der Republik und Gegner der Monarchie ebenso wie radikal linker Gruppierungen. "Manet ließ keine Gelegenheit aus, sich gegen den Kaiser und für die Republik und bürgerliche Freiheiten einzusetzen." Eines seiner in dieser Hinsicht bedeutendsten (wenn auch kleinsten) Werke ist ein aquarellierter Briefbogen, den die französische Flagge ziert und der mit der Aufschrift "Vive la République!" versehen ist.
Politisch sei er in seiner Arbeit gewesen und habe regen Anteil an den politischen Entwicklungen seiner Zeit genommen, sagt Finckh. Ein Aspekt, der ihm bisher in anderen Manet-Ausstellungen zu kurz gekommen sei. Die Fotografie nutzte er dabei als Inspirationsquelle, wie in seinem berühmten Gemälde "Die Erschießung Kaiser Maximilians", das Manet aufgrund der Zensur nie im Salon (der regelmäßigen Pariser Kunstausstellung) zeigen konnte.
Wo andere Künstler noch gefällige Stillleben mit pelzigen Pfirsichen wie zum Anbeißen malten, lieferte Manet eine gelbe Zitrone mit reduzierten Mitteln. "Es geht ihm um den Kern der Dinge, nicht um den schönen Schein", sagt Finckh. "Manet malte präzise und nüchtern, ohne Zuckerguss und Pathos."