Festival Sound of the City Heimat ist auch dort, wo das Herz aufgeht!

Wuppertal · Das Festival "Sound of the City" der Oper Wuppertal widmet sich in diesem Jahr dem "Copyright Heimat". Am Mittwoch schufen viele Wuppertaler Musiker auf Einladung von Horst Wegener mit "Heimat.Gefühle" ein mitreißenden und bewegenden Abend im alten Schauspielhaus.

Horst Wegener.

Foto: Max Höllwarth

Ich habe den Klang der Stadt gehört. Und er war aufregend, voller Sehnsucht und Leidenschaft, warm, liebevoll und überaus vielfältig. Er hatte viele Stimmen und Farben. Er erzählte von der Liebe zur Stadt, von der Liebe zur Musik und der Sehnsucht nach der verlorenen Liebe — kurzum von all dem, was uns Heimat sein kann. Ein Heimatgefühl zwischen bittersüß und berauschend wild. Denkbar weit entfernt von einem piefigen Gartenzwerge- und Kreuz-Erlass-Image, wie es Horst Seehofer in seinem Heimatministerium propagiert, entfaltete der Abend "Heimat.Gefühle" des Festivals "Sound oft the City" der Oper Wuppertal am Mittwoch im Foyer des alten Schauspielhauses eine glücklich betörende Stimmung in denkbar vielen Facetten.

Sängerin Dilara Baskinci.

Foto: Max Höllwarth

Allein der Ort sprach laut. Vom Verlust der Kultur in dieser Stadt etwa. Von vergangenen Glanzzeiten, die nur noch hier und da aus der Ferne in vergilbten Bildern zwischen dem verwucherten Innenhof und dem abgeblätterten Putz hindurch blitzten. An diesem Abend aber war das Foyer wieder mit Leben erfüllt. Und mit was für einem! Prall gefüllt präsentierte sich der rund zweistündige Abend, den der junge Wuppertaler Musiker Horst Wegener zusammengestellt hatte.

Für Opernintendant Berthold Schneider sowie "Copyright.Heimat"-Kurator Immo Karaman ein "echter Glücksfall". Nachdem der Rapper den Abend mit einem eigenen Song eröffnet hatte, der vom Reisen und Erkennen erzählt, gab Florian Franke mit "Stadt" eine musikalische Liebeserklärung an Wuppertal ab. "Egal wie grau du manchmal wirkst, golden scheint dein Licht. Meine Stadt leuchtet nur für mich." Entstanden sei der, so Franke im Gespräch mit Wegener, in einer Zeit, in der er nicht in Wuppertal lebte und sich viel mit dem Begriff Heimat befasst habe. "Ich habe es keine Sekunde bereut, wieder hier zu leben", bekannte Florian Franke.

Der Opernchor.

Foto: Max Höllwarth

Soulsängerin Brenda Boykin hingegen — "adoptierte Wuppertalerin" aus Kalifornien — findet ihre Heimat vor allem in der Musik. Kalifornien, respektive Amerika, sei zwar gefühlt noch Heimat, aber "derzeit mit dem falschen König an der Spitze". Ihr A-capella-Song "A change is gonna come" zollte dem Tribut, in der Hoffnung auf einen Aufstand der Anständigen und bessere Zeiten. Schwelgerisch wurde es mit dem Musiker Jonas David, begleitet vom Opernchor. Hier kam das Konzept der drei Bühnen voll zum Tragen. Umrahmt von Bläsern und Chor (links) sowie Keyboard (rechts) wurden die Zuhörer in der Mitte von der ganzen Schönheit dieses sphärischen Stücks umfangen. Vor dem Fenster ratterte dazu im blauen Abendlicht die Schwebebahn vorbei. Heimat ist auch dort, wo das Herz aufgeht!

Überhaupt glänzten vor allem die Lieder in Begleitung des Chores strahlend hell und gaben ein eindrucksvolles Plädoyer für ein häufigeres Zusammenspiel von Klassik und Pop, von Bühnen und Freier Szene. Auch Horst Wegeners Song "Deutschen Land" gewann im Arrangement mit dem Chor eine ganz neue Dimension.

Soulsängerin Brenda Boykin.

Foto: Max Höllwarth

Als Special Guest beeindruckte am Mittwoch das Ensemble Dinlenti, ein Ableger des Royal Street Orchestra, mit türkischen Liedern. Eine Hommage an die Musik vieler in Wuppertal lebenden Menschen mit türkischen Wurzeln. Bassist Armin Alic fasste sein seine persönliche Heimat-Geschichte so zusammen. "Ich kam 1992 als Flüchtling aus Bosnien nach Wuppertal. Und ich habe hier eine neue Heimat gefunden." Sängerin Dilara Baskinci beschrieb dies ganz ähnlich: "Produziert in der Türkei, kam ich als Kind ohne ein Wort Deutsch zu sprechen, hierher. Heimat, das ist da, wo das Herz ist — und das ist Wuppertal."

Die Protagisten erhielten lang anhaltenden Applaus.

Foto: Max Höllwarth

Man mochte seufzen vor so viel Zuneigung und Liebe zu dieser Stadt. Und das Verstehen, dass Heimat so viel mehr ist als so viele Deutschtümler propagieren. Nein, Heimat gewinnt immer dann, wenn sie alle mitnimmt. Oder, wie es Horst Wegener am Ende dieses wundervollen Abends sagte: "Es ist atemberaubend, was in dieser Stadt steckt. Das hier bleibt immer Wuppertal, aber was darin passiert, ist unsere Aufgabe. Das haben wir selbst in der Hand."