Lüpertz-Aussellung im Skulpturenpark "Eine wahnsinnige Energie"
Wuppertal · Der Skulpturenpark Waldfrieden zeigt bis zum 5. August eine große Ausstellung mit Werken des weltbekannten Bildhauers Markus Lüpertz. Kurz vor dem Ausstellungsstart war Lüpertz an seinem 77. Geburtstag persönlich in Wuppertal.
Wie er da so steht. Karierter Anzug, weißes Hemd, dunkle Krawatte, dunkles Jackett mit einem sorgsam und zugleich lässig drapierten Tuch. Die Lackschuhe blitzen so wie seine goldene Ringen an der Hand, in der er einen Stock hält. Der weiße Bart ist ordentlich in Form gestutzt, die Augen schauen freundlich und doch irgendwie etwas angriffslustig in die Welt. Keine Frage, Markus Lüpertz ist eine Erscheinung, sein Auftritt gekonnt in Szene gesetzt. Ein Bohemien und Dandy durch und durch. "Das ist Respekt an mein Publikum", sagt der Künstler, der am Mittwoch, an seinem 77. Geburtstag, im Skulpturenpark Waldfrieden zu Gast war, um seine Ausstellung "Der Tod, der bleiche Freier" vorzustellen.
19 Gipsskulpturen sind in zwei der gläsernen Ausstellungshallen bis zum 5. August zu sehen. Mit dem Titel — er bezieht sich auf ein Gedicht Lüpertz' — wolle er auf das Weiß der Gipsfiguren anspielen, auf das Morbide: "Nur eben auf poetische Art", sagt Lüpertz. Und viel mehr poetisch als morbide schaut etwa seine "Große Flora" aus, die in der oberen Ausstellungshalle thront.
Die mit Blumen verzierte, sitzende Skulptur blickt als einzige der Figuren aus dem Fenster in die Weite der Landschaft, während alle anderen auf sie blicken. Damit treten die Figuren in Korrespondenz miteinander. "Monumental und mit ungeheurer Kraft", so beschreibt Hausherr Tony Cragg die Wirkung der bis zu vier Meter großen Skulpturen in der oberen Halle. Cragg betonte in seiner Einführung die Unterschiede wie die Gemeinsamkeiten mit dem langjährigen Direktor der Düsseldorfer Kunstakademie. "Er arbeitet mit einer wahnsinnigen Energie und besitzt ein raffiniertes und sehr differenziertes Weltbild. Er ist einfach ein ganz großer Künstler mit einer enormen Gabe", so lobte Cragg seinen ehemaligen Chef. Seine Skulpturen seien Sinn-, nicht Abbild der Menschen.
Das Morbide, es begegnet einem in Lüpertz' Gipsskulpturen etwa dort, wo Gliedmaßen fehlen. Meist sind es die Arme. Einige der Arbeiten sind reduziert weiß, andere — wie "Odysseus I" oder "Malergenie" hat der Bildhauer bemalt, was ihnen eine gewisse Fröhlichkeit verleiht. Archaisch wirken sie, zum Teil grotesk. Das trifft vor allem auf die kleineren Exponate in der mittleren Ausstellungshalle zu. Oftmals sind es Köpfe, die einer Fantasiewelt entsprungen scheinen. Skurril, witzig, mit trichterartigen Ausbuchtungen am Kopf, Schmollmündern und aufgerissenen Augen. Nicht selten wird seine Kunst als Provokation empfunden.
"Ich bin ein Maler-Skulpteur", konstatiert der Exzentriker, "das ist eine der interessantesten Formen." Da, wo Bildhauer die gesamte Skulptur im Blick haben, denke er von der Fläche her, verleihe ihnen viele Facetten. "Doch es bleiben Flächen. Meine Skulpturen folgen keiner organischen Logik."
Bescheidenheit ist bekanntlich Lüpertz' Sache nicht. Angesprochen auf den Geniekult, den er um sich selbst betreibe, sagt er: "Das ist ein tiefer Glaube an mich selbst, den ich habe. Mein Anspruch an mich. Meine Sehnsucht nach Vollendung. Man muss als Künstler das Höchste anstreben, sonst kann man es gleich lassen."
Und weil er für einen markigen Spruch immer gut ist, fragt ihn eine Journalistin nach seiner Meinung zum Verhältnis von Kunst und Kapital. Da muss der Freund von Ex-Kanzler Gerhard Schröder nicht lang überlegen: "Wo Geld ist, da ist auch Kunst. Wir leben vom Überfluss, nicht von der Armut oder der Revolution."
Das muss man nicht teilen, unterhaltsam ist es allemal.