Start der vierten "Wuppertaler Literatur Biennale" "Phantasie, Propaganda, Postfaktisches"

lWuppertak · Es ist wieder soweit: Am Sonntag (6. Mai 2018) beginnt die "Wuppertaler Literatur Biennale 2018", die mit vielen Veranstaltungen und namhaften Gästen überall in der Stadt bis zum 19. Mai läuft. Diesmal steht die Biennale unter dem Motto #SchönLügen.

Cordula Nötzelmann leitet die Wuppertaler Stadtbibliothek. Sie freut sich sehr auf die „Literatur Biennale“.

Foto: Stadtbibliothek

Das Thema hat in der Öffentlichkeit heftige Relevanz bekommen: Lügen werden "schön geschrieben" und gewinnen an Bedeutung. Im Gegensatz dazu steht die Fiktion als Kunstform. Rundschau-Redakteurin Nicole Bolz hat sich mit Cordula Nötzelmann, der Leiterin der Stadtbibliothek, über die "Literatur Biennale" unterhalten.

Rundschau: Hallo Frau Nötzelmann, haben Sie heute schon gelogen?

Nötzelmann: Aber nicht doch. Heute war selbst das "Guten Morgen!" ehrlich gemeint.

Rundschau: Sie haben das Motto der diesjährigen "Literatur Biennale" #SchönLügen vor anderthalb Jahren ausgewählt. Das war vor Trump und dem Begriff FakeNews. Warum dieses Rundschau: Motto?

Nötzelmann: Das Team der Programmgestalter hat sich für dieses Motto entschieden, weil es in einem Hashtag das gesamte Spannungsfeld aus Phantasie, Propaganda und Postfaktischem im analogen und digitalen Raum abbildet.

Rundschau: Ist Literatur immer Lüge oder verdichtete Wahrheit — oder gibt es am Ende sogar nur verschiedene Wahrheiten?

Nötzelmann: Diese Frage füllt ganze Bibliotheken und fasziniert uns Menschen seit der Antike. Wenn Sie mich fragen, ist Literatur jedoch immer ein Seismograph der sie jeweils gerade umgebenden gesellschaftlichen "Wahrheit".

Rundschau: Roger Willemsen hat in seinem Programm "Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort" mal gesagt, dass wir uns durch Unwahrheiten die Welt aneignen: durch Lügen des Glaubens, Lügen der Bibel, die großen politischen Lügen, die grandiosen Lügner, Hochstapler, Plagiatoren. Sind Lügen unverzichtbar für uns Menschen?

Nötzelmann: Zumindest scheint Unbewiesenes vielen Menschen die Grundlage einer Weltanschauung zu bieten, die ihnen Halt gibt.

Rundschau: Welche Autoren begegnen uns bei der Literaturbiennale und mit welchen Formen der Lügen?

Nötzelmann: Im Roman von Chris Kraus geht es um die Täuschung der eigenen Familie, Hermann Schulz beleuchtet den kindlichen Erfindungsreichtum und John von Düffel begibt sich in die Abgründe der sozialen Medien, um nur einige Beispiele zu nennen.

Rundschau: Fakten bitte: Wie viele Veranstaltungen wird es in der Stadt geben? Wie viele Autoren lesen und an wie vielen Orten?

Nötzelmann: Es wird 33 literarische Veranstaltungen an 24 Orten mit über 40 Autorinnen und Autoren sowie Künstlerinnen und Künstlern geben.
Rundschau: Geben Sie mal an: Welche berühmten Namen sind dabei?
Nötzelmann: Zu unseren Aushängeschildern gehören definitiv Wolf Biermann, Sten Nadolny, Volker Kutscher, Irene Dische und Linda Boström Knausgård.

Rundschau: Hand aufs Herz: Auf wen freuen Sie sich am meisten?

Nötzelmann: Es fällt schwer, einen Favoriten unter all den wunderbaren Autoren zu benennen, aber wir freuen uns besonders auf Anja Kampmann, die bei der Biennale 2014 einen Förderpreis erhalten hat und nun aus ihrem Romandebüt liest. Aber auch die Lesungen von Arnoldo Gálvez und Fiston Mwanza Mujila möchte ich mir nicht entgehen lassen.