Kommentar: Neue Führungsriege bei der Wuppertaler SPD Mehr offene Diskussionen!

Wuppertal · Es hat viel Gerede gegeben im Vorfeld des SPD-Parteitages am Samstag. Wunder weiß, was da nicht alles passieren könnte... Überraschungen folgten dann aber keine: Erwartungsgemäß ist Heiner Fragemann zum neuen Chef gewählt worden.

Rundschau-Redakteur Stefan Seitz.

Foto: Bettina Osswald

Mit für einen (noch) nicht sehr profilierten Kandidaten doch respektablen 80-Prozent-Ergebnis.

Dass sein Stellvertreter Stefan Kühn, im Haupt-Job Wuppertals (beliebter und erfolgreicher) Dezernent für Soziales, Schule und Integration, auf breiteste Zustimmung stoßen würde, konnte niemanden erstaunen.

Die SPD hat an ihrer Spitze sozusagen einen Generationswechsel vollzogen: War zuvor der Chef (Dietmar Bell) jünger als der Stellvertreter (Wolfgang Herkenberg), ist es jetzt umgekehrt. Aber zum Thema Alter sagte der 61-jährige Heiner Fragemann bei seiner Vorstellungsrede, das habe nichts mit Zahlen auf dem Papier zu tun, sondern damit, ob jemand im Kopf offen für neue Ideen und neue Initiativen sei. Stimmt.

Apropos neue Ideen: Dass sich die Jusos mit einem Antrag, der bewusstes und zukunftsorientiertes Reden mit Grünen, Linken und FDP fordert, durchsetzen konnten, lässt frischen Wind in die Bude. Es ist kein Geheimnis, dass es in der Wuppertaler SPD zwei Lager gibt: Eines, das lieber mit der CDU weitermachen möchte — und das andere. Auf diese Situation, die seit der Kommunalwahl zu manchem Knirschen im Gebälk — und im Juni 2014 zur blamablen Beinahe-Nicht-Wiederwahl von Parteichef Dietmar Bell — geführt hat, nahm Heiner Fragemann Bezug, als er sagte: "Es muss wieder mehr diskutiert werden." Stimmt.

Bemerkenswert übrigens, dass sich Dietmar Bell bei seiner — von langen und stehenden Ovationen belohnten — Abschiedsrede an eine Zeit "ohne personelle Querelen" erinnerte: Als er im Sommer vor zwei Jahren einen zweiten Durchgang brauchte, um überhaupt an der Spitze der Partei zu bleiben, hat sich das seinerzeit alles andere als querelen-frei angefühlt ...

Eine kritische Stimme, die nicht vergessen werden sollte, gab es auch: Frank Lindgren aus Wichlinghausen-Oberbarmen nahm das Instrument der Findungskommission aufs Korn, mit Hilfe dessen das neue Führungsduo auf den Weg kam: "Ich hoffe, dass es in Zukunft anders weitergeht", so Lindgren. Stimmt.

Ein fertig geschnürtes Vorschlagspaket zu präsentieren, ist schon eine eigenwillige Neuerung. Und wie sähe das aus, wenn die Partei den Vorschläge einer Findungskommission, deren Vorsitzender der Oberbürgermeister ist, dann nicht mit Mehrheit folgt ...

Wie geht's jetzt weiter? Wuppertals SPD fühlt sich gut im Saft, hat den Oberbürgermeisterposten geholt, einen Bundestags- und drei Landtagsabgeordnete. Wenn nun tatsächlich offen auf "die anderen" jenseits der CDU zugegangen wird, könnte Wuppertals Polit-Atmosphäre bunter und breiter werden. Schaden tät' das nicht.