Kommentar zum brodelnden Outlet-Center-Streit mit Remscheid Heynkes’ Kammerspiele

Wuppertal / Remscheid · So etwas hat die altehrwürdige Industrie- und Handelskammer noch nicht erlebt. Am laufenden Meter gerät sie in die Schlagzeilen. Weil einer ihrer sieben Vizepräsidenten sich mal wieder unflätig geäußert hat.

Rundschau-Redaktionsleiter Hendrik Walder.

Foto: Bettina Osswald

Es ist immer derselbe: Jörg Heynkes. Seit er vor einem Jahr in dieses Amt gerutscht ist, pardon, gewählt wurde, zeigt er den Altvorderen mal, was man in einer solchen Funktion alles anstellen kann.

Zum Beispiel, wenn man mit drastischer Wortwahl ebenso perfekt wie perfide die Facebook-Klaviatur nutzt. Neuester Coup: Sein Entschuldigungs-Posting an die lieben Remscheider Nachbarn, weil die Große Kooperation im Stadtrat die Klage gegen das Lenneper Outlet-Center nicht zurückzieht. Da ist von "widerlicher Mentalität" und "ekelhafter Arroganz" die Rede — und erneut rumort es hinter den Kulissen der Kammer heftig über den Ausbruch ihres Präsidiumsmitglieds. Wenige Tage vor der Vollversammlung in der nächsten Woche.

Man wird gut daran tun, dort die Causa "Heynkes" nicht zu hoch zu hängen. Denn letztlich nutzt der streitlustige Gastronom seine Kammerfunktion nur, um sein politisches Feindbild, die SPD/CDU-Koalition im Stadtrat, anzugehen. Wer da mit schwerem Geschütz seinen Rücktritt fordert oder seine Abwahl betreiben will, läuft Gefahr, von einem drohenden Märtyrer am Nasenring durch die Manege gezogen zu werden. Kammerpräsident Meyer kann ein Lied davon singen: Als er im September Heynkes' "Mucke-wählen"-Aufruf mit einem Machtwort beenden wollte, stand er plötzlich selbst vor dem Aus.

Dabei stehen die beiden Kontrahenten in der Sachfrage diesmal sogar Seite an Seite! Nämlich für ein Remscheider FOC. Und die Wuppertaler Querschüsse dagegen zeugen nun wahrlich nicht von "oberzentralem" Selbstbewusstsein. Wenn das Outlet in Remscheid landesplanerischen Vorgaben widerspricht, wie CDU-Fraktionschef Müller nach den "Friedensbekundungen" der drei bergischen OBs ohne Not bekräftigte, dann werden die Düsseldorfer Ordnungshüter schon aufmerksam genug sein, es nicht zu genehmigen. Das sollte Müller nach den schwierigen Ikea-Verhandlungen gemerkt haben.

Und Lennep im Nebensatz als strukturschwachen Stadtteil zu brandmarken, hat nun ausgerechnet die eigenen Parteikollegen dort auf den Plan gerufen, die gegen Müllers "schwer erträgliche Überheblichkeit" wettern. Dass sie sich aber im gleichen Atemzug "nicht despektierlich über den Investor am Döppersberg" äußern wollen, ist nun auch wieder ein Schuss unter die Gürtellinie — nur noch übertroffen von Ober-Polemiker Heynkes, der das Klageverfahren der Wuppertaler GroKo als Dankeschön für den ehemaligen Parteispender Clees einstufte.

Jeder gegen jeden — ein munteres Hauen und Stechen beherrscht die von wenigen Scharfmachern losgetretene Outlet-Debatte, die vielmehr einen kühlen Kopf und Kompromissbereitschaft gebrauchen könnte. Sowohl an der politischen Front, wo die Wuppertaler wissen, welches Störfeuer dem zweiten FOC-Teil am Kleeblatt drohen kann. Und wo hochnäsige Attacken nur potenzielle Remscheider Kunden vergrätzen. Aber auch bei den "Kammer-Spielen", wo die einseitige Positionierung des Präsidenten zugunsten "seines" Remscheider Outlets viel problematischer ist als die Facebook-Spielchen eines seiner Vize.