Der ESC-Blog des Wuppertaler Musikexperten Peter Bergener Ein Geist und ein Urgestein
Wuppertal / Köln · Jamie-Lee Kriewitz, die Gewinnerin der fünften Staffel von "The Voice of Germany", wird Deutschland im Finale des Eurovision Song Contests am 14. Mai 2016 mit dem Song "Ghost" vertreten. Die 17-Jährige, die nicht nur mit ihrer großartigen Stimme beeindruckte, sondern auch mit ihren verrückten Manga-Outfits, erhält hoffentlich viele Punkte.
Jamie-Lee tritt als deutsche Eurovisionsvertreterin die Nachfolge von Ann Sophie an, die trotz eines souverän gemeisterten Auftritts mit "Black Smoke" in Wien nicht einen einzigen Punkt erhalten hat. Das ist für mich immer noch unverständlich. Das Einzige, was mich gerade vergangenes Jahr noch so tröstete, war, dass wir nicht alleine dastanden, sondern Österreich mit einem ebenfalls grandiosen Lied auch keinen Punkt erhielt.
Nun schauen wir aber nicht mehr zurück, sondern blicken nach vorne: Mit einem jungen Mädchen, dass wie Lena auch aus der Nähe von Hannover stammt und sich im Superfinale mit sagenhaften 44,5 Prozent gegen ihre Konkurrenten durchsetzen konnte. Alleine schon dieses ungewöhnliche Outfit von Jamie-Lee lässt auf Punkte hoffen, denn in Europa gibt es eine riesengroße Fangemeinde dieser Art von Mode und Accessoires im Stil japanischer Manga-Comics. Doch es zählt natürlich auch der Song, der übrigens auch der Gewinnersong von "The Voice of Germany" war und mit dem sie es in Deutschland bereits bis auf Platz elf der Verkaufscharts schaffte. Dieser eingängige und moderne Popsong wird nun seit dem Auftritt bis ganz nach vorne die deutschen Charts stürmen.
Nun ja, ich hatte gesagt, dass es auch auf das Lied ankommt, aber alle Fans der Eurovision wissen, es ist eben heutzutage auch nicht mehr nur ein Liederwettbewerb, sondern visuell möchte der Zuschauer was geboten bekommen, sozusagen auch ein bisschen "Eurovision SHOW Contest".
Daher hier mein Rat an Smudo, ihrem Coach von "The Voice" und Sänger der "Fantastischen Vier", sowie auch an den Choreographen von Ghost: Obwohl mir die Szene auf der Bühne grundsätzlich sehr gut gefiel, würde ich bis zum Finale noch etwas an der Bühnenshow feilen. Irgendetwas fehlt da noch, und es muss ja nicht unbedingt ein Manga-Ghost sein, der aus dem nebligen Underground kommen wird, oder?
Oder vielleicht doch, denn am Anfang war Jamie-Lee nur schwarz als Schattenriss vor dem Mondlicht zu erkennen — und zum Schluss nach der Steigerung im Song könnte doch für ein paar Sekunden dieser besungene "Ghost" ebenfalls im schwarzen Schattenriss hinter den knorrigen Bäumen von einem zum anderen Baum gehen. "Geistreich" mein Vorschlag, und ich würde mich hiermit schon mal offiziell als "Ghost" auf der Bühne beim Team Jamie-Lee bewerben …
Nicht unerwähnt lassen möchte ich aber auch den zweiten Platz im Superfinale. Er ging an den Sänger Alex Diehl mit immerhin 33,9 Prozent für seine selbstgeschriebene Ballade "Nur ein Lied". Diesen Song schrieb Alex unter dem Eindruck des Terrors von Paris, Er hat bereits unglaubliche acht Millionen YouTube-Klicks.
Der Oberbayer Alex sang seinen Song mit großer Leidenschaft, begleitet von ihm selbst an der Gitarre und von einem Klavierspieler, während im Hintergrund der Text des Liedes in Deutsch, Französisch und Englisch lief. Er wurde nicht nur mit vielen Votes, sondern auch mit tosendem Applaus in der Kölner Halle belohnt. Ich hatte das Glück, Alex kurz vor seiner Pressekonferenz zu treffen und bekam die Möglichkeit, das Foto von ihm zu machen.
Ein Urgestein der Eurovision, Ralph Siegel, schaffte es leider mit seinem Song "Under the sun we are one", fantastisch gesungen von der erst 19-jährigen Laura Pinski aus Düsseldorf, nicht in das Superfinale. Laura hatte ein weißes Kleid an, und eine dramatische Inszenierung wurde während des Lied-Vortrages auf das Muster projiziert. Ein kleines Trostpflaster gibt es aber zu melden, denn ich habe das endgültige Resultat der Abstimmung erfahren. Damit ist Laura Pinski knapp nicht ins Superfinale gekommen und landete somit auf den vierten Platz. Mit diesem Ergebnis wird sich Ralph nun doch überlegen, ob er nicht nächstes Jahr wieder dabei sein wird. Auch, wenn Ralph sich noch nicht dazu geäußert hat, ich gebe Brief und Siegel darauf! Eine Eurovision ohne Mr. Grand Prix — kaum vorzustellen und wäre ja wie Wuppertal ohne Schwebebahn.
In diesem Sinne schwebe ich nun ins Wochenende, viele musikalische Grüße, Euer Euro-music-Peter!