Heckinghausen In Wuppertal an der neuen Heimat bauen

Wuppertal · Ukrainische Kinder aus der Flüchtlingsunterkunft in Heckinghausen bauen mit ihren Nachbarn eine große Legoweihnachtsstadt. Das Projekt der ökumenischen Initiative KOMM will Adventsfreude und Hoffnung vermitteln.

Die Weihnachtsstadt hat längst Formen angenommen.

Foto: Sabine Damaschke

Konzentriert und ernst sucht Suleiman nach den passenden Legosteinen für sein Haus. Es soll bunt und groß werden. So groß, dass eine Legofamilie mit zwei Kindern darin wohnen kann. „Auf der Krim hatten wir ein Haus gemietet“, erzählt seine Mutter Leniye. „Suleiman vermisst es sehr. Sein größter Weihnachtswunsch ist es, dass wir wieder dorthin zurückkehren.“

Seit Ende August lebt Leniye mit ihrem sechsjährigen Sohn, seiner zehn Jahre alten Schwester und ihrem Ehemann im früheren Art-Hotel, der städtischen Flüchtlingsunterkunft in Heckinghausen. An drei Tagen haben ihre Kinder im gegenüberliegenden Stadtteiltreff „Krawatte“ Deutschunterricht. Jetzt helfen sie mit, dass dort eine große Legoweihnachtsstadt entsteht. Eine Woche haben sie dafür Zeit. Am Samstag soll die Legostadt fertig sein und mit einem Weihnachtsmarkt eröffnet werden.

Bauen für die Weihnachtsstadt: Leniye und ihr Sohn Suleiman.

Foto: Sabine Damaschke

Weihnachtsfreude teilen

Rund 300 Kinder und 150 Erwachsene haben sich für das Projekt der ökumenischen Initiative KOMM angemeldet. Seit 2015 ist die Initiative der evangelischen Kirchengemeinde Heckinghausen und des Sozialdienstes katholischer Frauen in der Quartiersarbeit aktiv und betreut viele Familien mit Migrationshintergrund und Fluchtgeschichte.

„Während die Menschen im Stadtteil sich nach den Einschränkungen der Coronazeit auf ein richtiges Weihnachtsfest freuen, machen sich ukrainische Familien große Sorgen, ob ihre Angehörigen diesen Winter mit Krieg, Kälte und Stromausfall überstehen“, beobachtet Leiterin Dorothee van den Borre. „Das belastet auch die Kinder. Mit unserem Projekt wollen wir vor allem ihnen etwas Ablenkung und Freude bereiten, aber auch dazu beitragen, dass Menschen aus dem Stadtteil ihre Herzen und Türen für sie öffnen.“

Nachbarn zusammenbringen, damit sie sich gegenseitig unterstützen und ihren Stadtteil gemeinsam gestalten und lebenswert machen – das ist das Ziel der Initiative KOMM. Mitglieder der Kirchengemeinde, Menschen aus dem Quartier und der „Corona Lions Club Wuppertal“ haben die vielen Legobaukästen gespendet, aus denen die Weihnachtsstadt entsteht und die später für weitere Projekte im Stadtteil ausgeliehen werden können.

Maysoon Hourani mit Amru und Myar (vorne).

Foto: Sabine Damaschke

Rund 40 Ehrenamtliche helfen beim Planen und Bauen der Legostadt. Viele von ihnen sind selbst als Geflüchtete nach Deutschland gekommen.

Die Syrerin Maysoon Hourani lebt seit 2015 in Deutschland und arbeitet inzwischen als Schulbegleiterin. Sie hat Amru und Myar mitgebracht. Die sieben- und vierjährigen Jungen stammen aus einer syrischen Familie, die sie ehrenamtlich betreut. Beide sind technikbegeistert und sorgen dafür, dass die Weihnachtsstadt aus Lego eine Eisenbahn, Autos und Flugzeuge bekommt.

Freude und Freunde finden

Lina Lee und ihr Sohn Daniel in der weihnachtlich geschmückten "Krawatte".

Foto: Sabine Damaschke

Der siebenjährige Daniel kümmert sich lieber um das Riesenrad. Er ist mit seiner Mutter Lina Lee in die „Krawatte“ gekommen, die fließend Russisch spricht und den Familien im Legoweihnachtsprojekt als Übersetzerin zur Seite steht. Sie hat chinesische Wurzeln und kam vor zwanzig Jahren aus Kirgisien nach Deutschland. Heute hilft sie ukrainischen Familien, in Wuppertal Fuß zu fassen – und ist beeindruckt von deren Engagement, sich hier zu integrieren.

„Auch wenn für fast alle klar ist, dass sie nach dem Krieg in ihr Heimatland zurückkehren, lernen sie fleißig Deutsch“, sagt Lina Lee. „Und sie wollen, dass ihre Kinder hier Freunde finden und etwas von der Freude auf Weihnachten erleben.“

Das hofft Leniye auch für ihren sechsjährigen Sohn. Als Muslimin feiert sie kein Weihnachten, möchte ihn aber mit einem Legogeschenk überraschen. „Im Hotel soll er weiterbauen können“, sagt sie. „Er liebt es, mit Lego zu spielen. Das ist ein Stück Zuhause für ihn.“