Drei Fragen an Iris Colsman 30 Jahre Färberei: Haltung zeigen für Veränderung

Wuppertal · Die Färberei feiert an diesem Wochenende ihren 30. Geburtstag. Geschäftsführerin Iris Colsman blickt im Rundschau-Interview zurück.

Iris Colsman.

Iris Colsman.

Foto: Uwe Schinkel

Rundschau: In 30 Jahren passiert eine Menge. Was war die wichtigste Errungenschaft der Färberei?

Colsmann: „Es stimmt – da passiert eine Menge. Wir können uns kaum noch vorstellen, dass vor 30 Jahren kein Theater, kein Opernhaus und kein Kino barrierefrei war, sodass Menschen mit Handicap nur mit großem Aufwand Kulturveranstaltungen besuchen konnten. Die Färberei ist räumlich sehr gut barrierefrei und das war damals ein Novum.

15 Jahre später wurde deutlich, dass inzwischen auch andere Kulturstätten nachgerüstet hatten – Gott sei Dank. Das gilt auch für das Café: Menschen mit sogenannten nicht sichtbaren Behinderungen, aber starken Verhaltensauffälligkeiten wurden vor 30 Jahren regelmäßig hinauskomplimentiert, beschimpft oder einfach negiert. Im Café der Färberei war klar: Alle kommen mit allen zurecht. Das war für viele von großer Bedeutung. Auch die Singleparty ist eine wunderbare Errungenschaft: Früh am Tag in Räumen, die Sicherheit vermitteln – mit der Lieblingsmusik und unter Freundinnen und Freunden.

Übrigens wird die Singleparty von der KoKoBe (Koordinierungs-, Kontakt- und Beratungsstelle für erwachsene Menschen mit einer Behinderung) ausgerichtet – deren Gründung vor 20 Jahren ein Highlight war: Konnte doch mit der Beratung ein selbstbestimmteres Leben erreicht werden.

Rundschau: Welche Bedeutung hat die Färberei heute?

Colsmann: „Im Stadtteil ist die Färberei eine tief vernetzte und wichtige Akteurin im Bereich der Integration und der Inklusion. Eine Beratungsstelle für Tausende Menschen mit Behinderung. Durch die Kulturprojekte und die künstlerische Arbeit im öffentlichen Raum ist sowohl die Vernetzung mit den Vereinen und Einrichtungen tiefer geworden, als auch der Kontakt zu vielen Menschen im Stadtteil. Wir sind in etlichen städtischen Gremien tätig und bringen immer wieder auch kontroverse Themen auf die Tagesordnung.

Rundschau: Auf welche kommenden Projekte freuen Sie sich am meisten?

Colsmann: „Ich freue mich auf die Arbeit der neuen Co-Geschäftsführerinnen, die ab Januar das Ruder übernehmen werden. Das Gesicht des Hauses wird sich verändern, das Herz der Färberei aber, das sich auch im Leitbild ausdrückt, wird sicher erhalten bleiben: ,Mit unserer Lobbyarbeit zeigen wir Haltung und stoßen gesellschaftliche Veränderungen an.’

Für mich selbst wird es auf Landesebene weitergehen: Ich werde im Kompetenzzentrum ,Selbstbestimmt Leben’ Düsseldorf das Projekt ,KulturTandem’ weiterentwickeln. Ein Abschiedsgeschenk lege ich dem Färberei-Team sozusagen in den Schoß: Vor ein paar Tagen wurde das Gebäude von Familie Weidenbach vor der Färberei durch das Gebäudemanagement erworben. Wenn die Anträge durch sind, können neue Beratungsräume entstehen und das Café wird nach vorne an die Straße ziehen.

Ich danke dem GMW, dem Sozialamt und der Stadt für ihre Unterstützung jetzt und in all den Jahren und wünsche der Färberei, in deren Verein ich natürlich Mitglied bleibe, und der Stadt weiterhin eine gute, zukunftsoffene Zusammenarbeit. Wie es in unserem Leitbild heißt: ,Die Färberei ist ein Ort der Erprobung, des Experimentierens, des Entdeckens und damit eine Entwicklungswerkstatt für neue Erfahrungen‘.“