Stadtmission auf dem Werth Barmen: Die Kirche mitten im Café
Wuppertal · Die Architektin geht, das Fundraising-Team kommt. „Wir lassen die Tür einfach mal offen“, schlägt Sozialarbeiterin Antje Gensichen vor und schiebt den Feuerlöscher hinein. Eine offene Tür für alle, die bei Kaffee und Kuchen sitzen und spielen, sich kennenlernen und fortbilden oder beraten lassen möchten: Dafür soll das Café Prio der Wuppertaler Stadtmission stehen.
Doch noch ist es nicht so weit. In dem ehemaligen Ladenlokal, das mitten in der Barmer Fußgängerzone im Werth 87 liegt, wird geplant und gehämmert, umgebaut und umgedacht. „Die Stadtmission ist über 100 Jahre alt und steht für aufsuchende Sozialarbeit“, erklärt Antje Gensichen. „Doch mit unserem Café gehen wir nun neue Wege, indem wir Angebote für alle Menschen im Stadtteil machen und hier einen Begegnungsort schaffen.“
Barrierefrei soll er sein, mit modernen sanitären Anlagen, einer Küche, einem kleinen Büro- und Gesprächsraum sowie einem hellen, großen Aufenthaltsraum. Das kostet und will gut begleitet sein. Dafür trifft sich die Sozialarbeiterin regelmäßig mit ihrem Fundraising-Team, zu dem neben dem Leiter der Stadtmission, Paul-Gerhard Sinn, noch drei Ehrenamtliche gehören. „Als freies Werk finanzieren wir uns vor allem durch Spenden und sind auf Projektgelder angewiesen“, erklärt Mitarbeiter Hans-Rudolf Zwygart.
Das leer stehende Ladenlokal zu mieten und zu nutzen, wurde erst möglich durch die Teilnahme am „Sofortprogramm Werth“. Dieses Programm zur Stärkung der Innenstädte in NRW übernimmt einen Großteil der Miete bis Ende 2023. Danach kann die Stadtmission das Ladenlokal für weitere 20 Jahre mieten – oder das Haus kaufen.
„Das wäre ein sehr ehrgeiziges, aber auch tolles Projekt für uns“, meint Paul-Gerhard Sinn. „Wir würden gern das ganze Haus zu einem Begegnungsort machen – zum Beispiel mit generationenübergreifenden Wohngemeinschaften, seniorengerechten Wohnungen und Studierenden-WGs.“
Bäckerei, Spielwarenladen, Friseursalon
Sieben Wohnungen hat das Haus, das Anfang des 20. Jahrhunderts erbaut wurde und ursprünglich als Bäckerei diente. Später nutzte ein Spielwarengeschäft die Räume, danach mieteten verschiedene Friseure das Ladenlokal. „Es hat eine interessante Geschichte und passt daher gut zur Stadtmission, die im Laufe der Jahrzehnte auch viel Veränderung erlebt hat“, sagt Antje Gensichen.
Viele Jahre habe die Stadtmission in Wuppertal eher „Randgruppenarbeit“ gemacht, ergänzt Hans-Rudolf Zwygart. Jetzt wolle man sich mit dem Café Prio auf Senior:innen und Familien konzentrieren.
Die Angebote für blinde und sehbehinderte Menschen, für Geflüchtete und für Wohnungslose soll es weiterhin geben, ebenso wie die „Suppenküche“ in der Diakoniekirche Elberfeld. „Natürlich sind Menschen in unserem Lokal willkommen, die Hilfe benötigen“, sagt Zwygart. „Aber wir sind halt auch ein Café. Bei uns gibt es kein kostenloses Essen, allerdings reduzierte Preise für Bedürftige.“
Gut besuchte Spielenachmittage
Menschen aus unterschiedlichen sozialen Schichten zusammenbringen – darum gehe es, betont die ehrenamtliche Mitarbeiterin Melanie Kohler. Dafür hat sie schon Spielenachmittage gestartet, die gut besucht waren. Häufiger werde sie gefragt, warum sie sich für die Stadtmission engagiere und ob sie die Menschen „missionieren“ wolle. „Das kann ich nicht“, sagt sie. „Meinen Glauben möchte ich vorleben und darüber ins Gespräch kommen, wenn Menschen danach fragen.“
Gemeinsam mit dem Fundraising-Team hofft sie, dass die Renovierungsarbeiten spätestens im Sommer 2023 abgeschlossen sind, und es dann so richtig losgehen kann mit dem Café Prio. Es soll täglich geöffnet sein und auch von städtischen und sozialen Kooperationspartnern genutzt werden – ebenso wie von der Gemeinde der Stadtmission.
„Ich bin gespannt, wie die Menschen reagieren, wenn sie uns durchs Schaufenster beten und singen hören“, sagt Paul-Gerhard Sinn. „Aber das gehört dazu, denn wir sind dann eine richtige Ladenkirche.“