Amtsgericht Wuppertal Zeugen: "Er sah ganz anders aus!"

Wuppertal · Die Polizei hatte den Angeklagten gleich zwei Mal am selben Tag suchen müssen, um ihn ins Gericht zu schaffen. Der Mann tönte, man halte ihn vom Trinken ab und werde ihn nach Hause fahren müssen, da er unschuldig sei.

Das Wuppertaler Amtsgericht.

Foto: ag-wuppertal.nrw.de

Dann war er wieder gegangen. Jetzt erwies sich zumindest der zweite Teil dieser Ansage als richtig: Der 34-Jährige wurde vom Vorwurf des Einbruchsdiebstahls freigesprochen.

Es war eines der beiden Opfer (63), die Mieterin einer Erdgeschosswohnung an der Schleswiger Straße, die bekundete: "Der war es nicht!"

Die Frau hatte Ende August vergangenen Jahres einem Einbrecher in ihrem Wohnzimmer gegenüber gestanden — mitten in der Nacht. Der Unbekannte musste über einen Balkon in die Räume eingestiegen sein. Die Frau hatte ihren Mann geweckt, während der Täter flüchtete. "Er sah ganz anders aus", erklärte die Frau: Groß, schlank, dunkles Haar, dunkle Augen — so habe der Einbrecher ausgesehen. Der Angeklagte warf dazwischen: "Meine sind blau!" Und bedankte sich bei der Zeugin...

Der Verdacht war auf den Angeklagten gefallen, weil ein Passant noch während des Polizeieinsatzes vor dem Haus ein fremdes Portemonnaie fand: Das des 34-Jährigen — komplett mit Personalausweis. Der Polizei soll die Frau noch gesagt haben, sie erkenne den Mann auf dem mehrere Jahre alten Passfoto als Täter wieder. Allerdings wurde kein Dolmetscher hinzugezogen, mit dem die Frau in ihrer Muttersprache Slowenisch hätte befragt werden können. Vor Gericht sagte sie, sie sei sich keineswegs sicher gewesen.

Rechtsanwalt Hendrik Hülsmann wetterte im Plädoyer gegen die Ermittlungsarbeit: "Da wurde ohne Dolmetscher einfach herumgefuhrwerkt. Und deswegen haben wir alle hier gesessen." Sein Mandant — sichtlich wieder mit Oberwasser wegen der entlastenden Aussage — forderte von der Anklagebank die als Zeugen geladenen Polizisten auf: "Lest mal die Gesetze! Ich war im Gefängnis, ihr nicht!" Die Kosten des Verfahrens trägt die Landeskasse. Für die Untersuchungshaft wird der Angeklagte nicht entschädigt. Er hatte sie durch Fehlen bei seinen Gerichtsterminen selbst ausgelöst. Nach Hause zurückgefahren wurde er übrigens auch nicht.