Prozess am Landgericht Mit 16 Stichen am Wupperufer getötet
Wuppertal · Der gewaltsame Tod einer Bewohnerin des Wuppertaler Frauenhauses im April 2020 beschäftigt jetzt das Landgericht. Angeklagt ist der Ehemann des Opfers.
„Für C.“: So stand es in der Traueranzeige des Wuppertaler Frauenhauses. Eine der dort wohnenden Frauen war am Abend des 12. April 2020 von einem Treffen mit ihrem Ehemann nicht zurückgekehrt. Kurz zuvor hatte sie dort Schutz gesucht mit dem gemeinsamen Kind - der Junge war damals sechs Monate alt.
Die Frau galt zwischenzeitlich als vermisst - Jugendliche hatten sie später mit schweren Verletzungen am Wupperufer liegend gefunden. Die herbeigeeilten Rettungskräfte konnten dann nur noch den Tod der 27-Jährigen feststellen. Noch in der Nacht zum Ostermontag war der Ehemann des Opfers festgenommen worden, der gebürtige Marokkaner muss sich nun wegen Totschlags vor dem Landgericht verantworten.
Eine der ersten Fragen des Gerichts gilt üblicherweise dem Familienstand des Angeklagten und hier ist es der Richter, der sie für den 43-Jährigen beantwortet: Verwitwet. Die Ehefrau: Durch die eigenen Hände gewaltsam zu Tode gekommen. Sechzehn mal soll der Mann auf sein Opfer eingestochen haben - vier Stiche davon trafen den Kopf. Die Strafjustiz spricht auch schon mal vom „Übertöten“ als Ausdruck aufgestauter Gefühle, die sich inmitten solcher Gewaltausbrüche entladen.
Ob das beim Angeklagten so war, weiß derzeit niemand. Er selbst will sich an die Tat nicht genau erinnern können. Ja, er habe ein Messer in der Hand gehabt. Und ja, an einen Stich erinnere er sich auch noch. Weiter allerdings würden seine Erinnerungen an diesem Abend nicht reichen. Er sei erst zu Hause wieder zur Besinnung gekommen und habe sich gefragt, was er gemacht habe. Ob seine Frau noch lebte oder tot sei, will er da noch nicht gewusst haben. Das im Arabischen das „Schlagen“ und das „Stechen“ mit dem gleichen Wort ausgedrückt werden, macht die Sache für das Gericht nicht leichter. Der Angeklagte sagt etwas, der Dolmetscher spricht von „Schlagen“ - so lässt sich nicht genau sagen, ob es nun Schläge sind oder Stiche, an die sich der Angeklagte erinnert.
Eines jedoch will er noch ziemlich genau wissen: Seine Frau soll ihn bei der verhängnisvollen Begegnung am Wupperufer unweit der Hünefeldstraße beleidigt und ihm ins Gesicht gespuckt haben. Bei dem Streit soll es um Geld gegangen sein, das habe nie gereicht und seine Frau habe zwar Sozialleistungen beantragt, aber noch nicht bekommen.
Auch das Treffen am späteren Tatort soll von der Frau ausgegangen sein: Sie habe ihn angerufen, weil sie noch Sachen aus der Wohnung für den gemeinsamen Sohn gebraucht habe. Dabei sollen Mitarbeiterinnen des Frauenhauses schon in den Tagen davor bei ihm gewesen sein, um die Utensilien für Frau und Kind abzuholen. Offensichtlich hatte es bereits im Vorfeld gewalttätige Übergriffe gegeben, die das Opfer dazu bewogen, aus der ehelichen Wohnung ins Frauenhaus zu fliehen.
Täter und Opfer sollen nicht nur verheiratet, sondern auch verwandt gewesen sein: Die 27-Jährige ist die Tochter eines Onkels des Angeklagten. Angeblich sei es die gemeinsame Familie gewesen, die ihn dazu gedrängt habe, die Frau zu treffen, wenn die es wünsche und ihr die geforderten Sachen unverzüglich zur Verfügung zu stellen. Nach deren Anruf habe er die Kleidung für das Kind eingepackt und sei mit dem Fahrrad zum Treffpunkt gefahren. Dass er im Rucksack auch noch ein Küchenmesser aufbewahrt hatte, mit dem er später zustach? Das sei keineswegs ungewöhnlich, sondern üblich gewesen. Er trage dieses Messer immer im Rucksack mit sich herum, wenn er unterwegs sei.
Das Gericht hat vier weitere Verhandlungstage festgesetzt und hofft nun, dass sein Anwalt oder auch der psychiatrische Sachverständige dem Erinnerungsvermögen des Angeklagten auf die Sprünge helfen können.