Prozess über Vergewaltigungsvorwürfe „Liebe war es nicht“
Wuppertal · Nachdem der erste Prozess im April 2018 wegen einer Erkrankung des Richters kurz vor der Urteilsverkündung geplatzt war, wird nun erneut der Vergewaltigungsvorwurf gegen einen 53jährigen Wuppertaler verhandelt. Acht lange Jahre schwebt das Verfahren - auch wegen der Überlastung des Gerichts - über ihm und über seiner damaligen, in Remscheid wohnenden Lebensgefährtin.
Dem Angeklagten, gesundheitlich angeschlagen, war vom Richter gerade mit Hinsicht auf die überlange Prozessdauer und deren Auswirkung auf seine Lebenssituation eine „Goldene Brücke“ gebaut worden: Eine Geständnis, dass "den Vorwürfen nahe kommt", so der Vorsitzende Richter, könne zu einer Verurteilung als minder schwerer Fall mit der Aussicht auf eine Bewährungsstrafe führen.
Der Angeklagte will definitiv den Schlussstrich unter der Sache sehen, sein Anwalt hat aber Bedenken. Soll man Straftaten zugeben, die man nicht begangen hat, um das Gericht als freier Mann zu verlassen? Und soll man, sich selbst schuldlos wähnend, dann auch noch eine Entschädigung von 10.000 Euro an die ehemalige Partnerin zahlen müssen?
Auf Anraten des Anwalts schilderte der Wuppertaler nun ohne taktische Zurückhaltung seine Version so: Nach einer Geburtstagsfeier seiner Freundin, mit der ihn eine schon länger kriselnde Beziehung verband, soll er den Rückzug seiner sich schlecht fühlenden Partnerin nicht akzeptiert haben. Das weitete sich aus, die Freundin hätte sich schließlich wegen Schmerzen nach einer noch nicht lange zurückliegenden Unterleibsoperation seinem Versuch, mit ihr Geschlechtsverkehr zu haben, entzogen. Er hätte dann seine Sachen gepackt und den Rest des Tages bei einer anderen Frau verbracht.
Für die Verletzungen, die das Opfer bei der Polizei vorgezeigt hätte, habe er keine Erklärung.
Im Kontrast dazu die Schilderung des Opfers, das in der Vergangenheit bereits wegen Depressionen behandelt wurde. Es sei keine gute Beziehung gewesen, die Zeugin sagte: „Liebe war es nicht“. Weder habe ihr die Selbstverständlichkeit gepasst, mit der der Angeklagte den Komplett-Service in ihrer kleinen Wohnung in Anspruch nahm, noch die Dominanz, mit der er über sie habe verfügen wollen.
Aber aus Angst vor ihm und den kleinen Gewalttätigkeiten habe sie den Bruch der Beziehung nicht gewagt. Nach der Geburtstagsfeier habe sie ihn abgewehrt - aber durch Tabletten in Wassergläsern, die ihr gewaltsam eingeflößt worden seien, habe der Angeklagte ihren Widerstand brechen wollen. Sie habe sich gewehrt, er habe sie festgehalten, ein Schlag an den Kopf habe ihr die Besinnung geraubt. Wach geworden sei sie durch den Blitz seines Handys, dann sei er gegangen. Die weiteren Kontakte seien von ihm ausgegangen, er habe sie verfolgt.
Aus Angst habe sie das der Polizei nicht angezeigt - erst im Dezember 2016 habe das ein Ende gehabt, sie fühle sich heute noch bedroht. Die Widersprüche versucht das Gericht jetzt aufzulösen, die Vernehmungsprotokolle aus dem Vorprozess sollen dafür herangezogen werden. Weitere Verhandlungstermine folgen.