Weltklima-Konferenz Wuppertal Institut: "Muss Startschuss geben"

Wuppertal · Vom 2. bis 14. Dezember 2018 findet in Katowice (Polen) die 24. Weltklimakonferenz statt. Sie soll die Detailregeln vereinbaren, die noch zur Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens fehlen. Außerdem soll sie den Startschuss dafür geben, dass die einzelnen Staaten für sich ehrgeizigere Klimaschutzbeiträge festlegen.

Vizepräsident Prof. Dr. Manfred Fischedick (Wuppertal Institut).

Foto: www.eventfotograf.in / © JRF e.V.

Das Wuppertal Institut beobachtet kontinuierlich seit Beginn des UN-Klimaprozesses die laufenden Verhandlungen und analysiert die Ergebnisse.

Im Dezember blickt die Welt nach Katowice, wenn dort die 24. Vertragsstaatenkonferenz (Conference of the Parties, kurz COP) der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (United Nations Framework Convention on Climate Change, UNFCCC) stattfindet. Rund 30.000 Menschen aus Politik, Nichtregierungsorganisationen sowie Akteurinnen und Akteure aus Wissenschaft und Wirtschaft werden zu der Klimakonferenz erwartet.

Mit dem Pariser Klimaabkommen schien nach fast einem Vierteljahrhundert internationaler Klimadiplomatie endlich der Durchbruch geschafft: ein globales Abkommen, in dem alle Staaten Klimaschutzanstrengungen zusagen. Alle Länder haben sich in Paris dazu verpflichtet, bestimmte Beiträge, die sogenannten Nationally Determined Contributions (NDCs), zum globalen Klimaschutz zu leisten. Allerdings sind die bisher zugesagten Klimaschutzbeiträge deutlich zu schwach, um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen. Zudem blieb das Abkommen in vielen Punkten der technischen Umsetzung noch vage.

Mit dem Pariser Abkommen hat sich die internationale Gemeinschaft das Ziel gesetzt, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur seit Beginn der Industrialisierung auf deutlich unter 2 Grad Celsius zu begrenzen und Anstrengungen zu unternehmen, ihn sogar unter 1,5 Grad Celsius zu halten. Mit den bisher gemachten Zusagen der Staaten würde die Erderwärmung aber voraussichtlich 3 bis 4 Grad Celsius betragen. Nach den Regeln des Pariser Übereinkommens sollen die Staaten bis 2020 ihre bisher gemachten Zusagen überarbeiteten.

Im so genannten Talanoa-Dialog beraten die Staatenvertreterinnen und -vertreter über ihre nationalen Klimabeiträge. Dieses Dialogformat wurde bei der Klimakonferenz im vergangenen Jahr unter der Präsidentschaft von Fidschi eingeführt. Es soll eine Grundlage für den weiteren Prozess der NDC-Überarbeitung bis 2020 schaffen. Auf der COP24 soll unter Leitung Polens zudem das Regelwerk des Pariser Ankommens verabschiedet werden, das maßgeblich ist, um die erreichten Erfolge auch nachhalten zu können.

"Katowice muss den Startschuss geben, den Ehrgeiz beim Klimaschutz deutlich zu erhöhen", betont Manfred Fischedick, Vizepräsident des Wuppertal Instituts. "Angesichts der von Jahr zu Jahr steigenden Handlungslücke, wäre es am besten, wenn möglichst viele Staaten bereits in Katowice konkrete Ankündigungen auf den Tisch legen würden. Mindestens aber brauchen wir einen klaren Auftrag an die Staaten, in den nächsten zwei Jahren deutlich verbesserte Beiträge vorzulegen."

Darüber hinaus sollte die Konferenz die Aufforderung an die Staaten erneuern, zusätzlich zu kurzfristen Beiträgen auch langfristige, mit konkreten Maßnahmen unterlegte, Klimaschutzstrategien zu entwickeln. "Die Messlatte ist klar: Die globalen Treibhausgasemissionen müssen bis 2050 auf Null sinken wenn die in Paris beschlossenen Ziele erreicht werden sollen. Wie dies geschehen kann, sollte in den langfristigen Strategien verankert und mit einem klaren Fahrplan festgelegt werden. In Industrieländern wie Deutschland sollten wir dieses Ziel schon vor 2050 erreichen, und eine Blaupause entwickeln, die dann von anderen Ländern adaptiert werden kann", erläutert Fischedick. "Insofern ist es schade, dass es nicht gelungen ist, wie ursprünglich auf der Basis der Arbeiten der Strukturwandelkommission geplant, bis zur COP einen Weg aufzuzeigen, wie die besonders kohlenstoffintensive Kohleverstromung sukzessive auslaufen kann ohne Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit zu gefährden", fügt er hinzu.

Eine weitere Herausforderung in Katowice wird sein, das detaillierte Regelwerk zum Pariser Abkommen zu vereinbaren. Entscheidend sind hierfür die Ausgestaltung des sogenannten Transparenzrahmens sowie Vorgaben zur Ausgestaltung der nationalen Klimaschutzbeiträge. Dabei geht es darum, wie die Beschlüsse von Paris konkret umgesetzt und die Emissionen der Länder transparent gemessen und geprüft werden können.

Bislang existieren solche Vorgaben nicht und die nationalen Beiträge sind insgesamt wenig transparent und schlecht miteinander vergleichbar: "Wie bei jedem Vertrag ist das Kleingedruckte von entscheidender Bedeutung. Hier entscheidet sich, ob das Abkommen hält, was wir uns seit Paris davon versprechen oder ob es zu einem zahnlosen Papiertiger wird", betont Wolfgang Obergassel, Projektleiter in der Forschungsgruppe Energie-, Verkehr und Klimapolitik am Wuppertal Institut. "Die Umsetzungsregeln für das Pariser Abkommen müssen sicherstellen, dass die Beiträge der Staaten transparent bewertet werden können und keine Schlupflöcher entstehen."

Mit der "Silesia Climate Lounge" greift das Wuppertal Institut gemeinsam mit dem Land Nordrhein-Westfalen, der EnergieAgentur.NRW, der polnischen Woiwodschaft Schlesien sowie der französischen Region Hauts-de-France zentrale Themen der COP auf. Die Woiwodschaft Schlesien und die Regierungen von Hauts-de-France sowie Nordrhein-Westfalen haben seit vielen Jahren im Rahmen des sogenannten "Weimarer Dreiecks" eine enge Beziehung und lebhaften Austausch sowohl auf der politischen als auch auf der Verwaltungsebene.

Die drei Regionen waren in der Vergangenheit Zentren der Kohle- und Stahlproduktion und stehen nun vor sehr ähnlichen Herausforderungen des Strukturwandels. Bei der Silesia Climate Lounge ergreifen die Regionen daher die Gelegenheit, eine gemeinsame Veranstaltungsreihe zu einem wichtigen Teil ihrer Zusammenarbeit zum Thema "Klimaschutz und wirtschaftliche Entwicklung" zu organisieren. Partner der Veranstaltungsreihe sind das Wuppertal Institut und die EnergieAgentur.NRW.

Daneben organisiert das Wuppertal Institut bei der COP24 eine Reihe von Sideevents, um seine Forschungsarbeiten und Erkenntnisse vor Ort vorzustellen und Diskussionen mit Delegierten und Praxispartnern zu führen. Dabei werden gezielt auch Bereiche angesprochen, die bisher bei den Klimaverhandlungen eher vernachlässigt wurden, wenngleich sie für die Umsetzung der globalen Klimaschutzziele zentral sind. Zentrale Themen auf den Sideevents sind vor allem auch wie die Emissionsminderung und nachhaltige Entwicklung in der Praxis voran gebracht werden können. Schwerpunkte liegen dabei auf "Klimaschutz in der Industrie" sowie "Wege zu einer nachhaltigen Mobilität".