"Viele haben Angst hier"

Baustelle Koch am Wall: Am Dienstag (21. Oktober 2014) durchschlug ein 20-Kilo-Brocken das Dach einer Immobilienfirma. Die Mitarbeiter einer Steuerkanzlei im gleichen Haus weigern sich, das Büro zu betreten.

Wieder gab es einen Vorfall bei den Abrissarbeiten des ehemaligen Koch am Wall-Hauses. Ein 20-Kilo-Brocken durchschlug die Wand einer anliegenden Immobilienfirma und landete auf der zum Glück gerade unbesetzten Toilette. Mitarbeiter eines ebenfalls benachbarten Steuerbüros (im Foto links) trauen sich mittlerweile nicht mehr, dort zu arbeiten.

Foto: Jens Grossmann

Doch die Abrissarbeiten gehen wie gehabt weiter.

Von wegen sicher: Andreas Rohr zeigt, wie sich die Abrissarbeiten bei Koch am Wall auf sein Haus nebenan auswirken. Er hat jetzt extra neue Büroräume angemietet.

Foto: Jens Grossmann

Eigentlich ist Steuerberater ja kein gefährlicher Job. Doch wenn Andreas Rohr und seine Kollegen ins Büro gehen, dann tun sie das seit ein paar Wochen mit einem äußerst mulmigen Gefühl. Denn die Kanzlei hat ihren Sitz direkt neben der Baustelle Koch am Wall. In jenem Haus, in dem am Dienstag ein 20-Kilo-Brocken eingeschlagen ist.

Wirklich überraschend kam das für Andreas Rohr nicht. "Es ist ja nicht das erste Mal seit Beginn der Abriss-Arbeiten, dass was passiert", ärgert sich Rohr, Eigentümer des Hauses Schloßbleiche 32 — und er verweist auf den Vorfall Ende August, als ein Stahlteil in das Schaufenster eines Teppichladens eingeschlagen ist. "Damals hat man schon versprochen, dass die Baustelle besser gesichert werden solle. Wirklich geändert hat sich aber nichts."

Und so landete am Dienstag ein 20-Kilo-Stein direkt in der Toilette des Unternehmens, vor dem Waschbecken. "Es ist ein Wunder, dass nichts Schlimmeres passiert ist", sagt Rohr. Was ihn aber richtig wütend macht: Nachdem das Ordnungsamt vor Ort war und die Baustelle begutachtet hatte, wurde sie unmittelbar danach auch wieder freigegeben. Einer seiner Mitarbeiter hat dies in einem Schreiben ans Bauamt so formuliert: "Die ganze Baustellensicherung ist eine Farce!" Er fordert, die Protokolle der Kontrolle öffentlich zu machen.

Überhaupt — den Mitarbeitern der Steuerkanzlei ist die Baustelle längst nicht mehr geheuer, einige von ihnen weigern sich, unter diesen Umständen, das Büro zu betreten. Rohr: "Ich habe deshalb jetzt extra ein zweites Büro angemietet, in dem diese Mitarbeiter in Ruhe arbeiten können. Schließlich trage ich ja Verantwortung für sie." Er steht im Dauerkontakt zur Baufirma: "Natürlich stellen wir denen diese Ausgaben in Rechnung, aber allein der logistische und zeitliche Aufwand ist enorm." Von den Zuständen im eigentlich Büro ganz zu schweigen. Rohr spricht von Löchern im Treppenhaus und schwankenden Büros in der fünften Etage. Ein Mitarbeiter habe das so beschrieben: Wenn er abends nach Hause komme, fühle er sich wie ein Wackeldackel. "Das ist wirklich heftig hier!"

Absolut kein Verständnis hat Andreas Rohr für die Stadt. "Jeden Tag stehen Hunderte Menschen an der Haltestelle 'Wall' unmittelbar neben der Baustelle. "Wenn hier was passiert, wer trägt dann die Verantwortung?" Übrigens: Genau dieser angrenzende Teil des ehemaligen Kaufhauses wird in den kommenden Wochen abgerissen...

(Rundschau Verlagsgesellschaft)