Interview: Roger Willemsen über seinen Abend in der Stadthalle "Der Zoo bedeutete mir viel"

Was man in einem klassischen Konzert so alles falsch machen kann, das erzählt Roger Willemsen bei seinem Auftritt mit dem Sinfonieorchester Wuppertal. Rundschau-Redakteurin Nicole Bolz sprach mit dem Moderator und Musikliebhaber über Husten-Attacken, Kindheitserinnerungen an Wuppertal und den Verlust von Kultur.

Roger Willemsen hat schöne Kindheitserinnerungen an Wuppertal. Jetzt ist er zu Gast in der Stadthalle.

Foto: Anita Affentranger

Herr Willemsen, geben Sie doch mal einen kleinen Einblick: Welche Todsünden kann ich in einem Konzert begehen?

Roger Willemsen: Sie können schunkeln, an den falschen Stellen klatschen, Salami essen, zu spät kommen, zu früh gehen, mit dem Nachbarn sprechen...

Oh weia. Haben Sie sowas selbst schon einmal erlebt?

Willemsen: Ja, ich war mal in einem Haydn-Konzert in einer Kirche, bei dem der Pfarrer selbst so große Angst hatte, dass die Zuschauer klatschen, dass er schon nach dem 3. Satz die Arme erhoben und gesagt hat "Lasset uns beten." Der 4. Satz wurde dort nie gespielt.

Haben Sie sich denn selbst schon mal einen Fauxpas geleistet?

Willemsen: Ich war schon so hingerissen von Musik, dass ich vor Begeisterung einfach klatschen wollte. Ich konnte mich aber noch zurückhalten.

Ist es nicht auch schade, wenn man sich vor lauter Konventionen so gehemmt fühlt?

Willemsen: Ja, das stimmt schon. Aber auf der anderen Seite gibt es auch Menschen um einen herum, die das vielleicht ganz anders wahrnehmen.

Und was mache ich nun, wenn mich der berüchtigte Hustenreiz übermannt?

Willemsen: Das ewige Thema... In der Berliner Philharmonie hat man den Besuchern schon Bonbons mit in den Saal gegeben. Mit einem Anti-Husten-Logo von Loriot. Aber ich fürchte, in so einem Fall hilft gar nichts mehr und es ist das Beste, den Saal möglichst störungsfrei zu verlassen.

Gehen wir mal davon aus, dass ich Sonntag nicht husten muss. Was kann ich denn bei diesem Abend so richtig versemmeln?

Willemsen: An diesem Abend darf das Publikum alles. Da ist alles erlaubt. Ich bin schon gespannt, wie die Zuschauer reagieren.

Sie haben das Programm eigens für Wuppertal konzipiert?

Willemsen: Ja, das ist richtig. Wir hoffen, damit die Hemmschwellen abzubauen und auch jüngere Besucher für das Konzert zu interessieren. Mozart eignet sich für das Thema bestens, der war selbst ein Querulant.

Herr Willemsen — Sie wissen, was jetzt kommen muss?

Willemsen: Was zu Wuppertal?

Genau.

Willemsen: Gerne. Immerhin habe ich wunderbare Kindheitserinnerungen an Wuppertal.

Sie waren oft hier?

Willemsen: Ja, die besten Freunde meiner Eltern wohnten in Wuppertal. Der Zoo hat mir damals als Kind sehr viel bedeutet und die Schwebebahn war natürlich ein richtiges Weltwunder.

Waren Sie später noch mal hier?

Willemsen: Ja, und ich muss leider sagen, dass ich einen richtigen Schreck bekommen habe, wie vernachlässigt die Stadt später wirkte, wie traurig. So, als ob sie von innen verarmt, als habe man sie im Stich gelassen.

Wuppertal spart auch an der Kultur und verzichtet auf ein eigenes Opern-Ensemble.

Willemsen: Wirklich? Wir haben in Deutschland eine Kulturlandschaft mit Strukturen, um die man uns in aller Welt beneidet. Bei vielen politischen Kräften scheint das nicht angekommen zu sein. Dabei ist es ja auch ein riesiger ökonomischer Faktor. Man möchte ihnen laut zurufen: "Ihr unterschätzt das!"

Wenn Sie mit dem Zug in Wuppertal ankommen, landen Sie übrigens mitten in unserer Großbaustelle.

Willemsen: Darauf hat man mich noch nicht vorbereitet. Komme ich denn gut zum Veranstaltungsort?

Doch, doch. Sie können zu Fuß gehen, das erleichtert es. Werden Sie Zeit haben, sich die Stadt anzusehen?

Willemsen: Ja, das werde ich auf jeden Fall tun. Ich werde mich einfach treiben lassen. Was ich erlebe, finden Sie dann in meiner Moderation wieder.

(Rundschau Verlagsgesellschaft)