Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege Soziale Träger schlagen Alarm

Wuppertal · Fehlende Mittel im Haushaltsentwurf gefährden die Angebote für Hilfsbedürftige. Die Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (AGFW) sorgt sich um den Erhalt ihrer Unterstützungsangebote und richtet einen dringenden Appell an die Stadt zur ausreichenden Finanzierung.

Frank Gottsmann.

Foto: Bube/Caritasverband

Bei der Planung des städtischen Doppelhaushalts für die Jahre 2020/21 ist im Zuge der Konsolidierung keine Erhöhung der Zuschüsse für soziale Unterstützungsleistungen vorgesehen. Die Forderung mit Blick auf den endgültigen Ratsbeschluss am 16. Dezember lautet: Erhöhung um 3,5 Prozent pro Haushaltsjahr. Diese Zahl liege noch deutlich unter den Kostensteigerungen, da die Verbände hinsichtlich ihrer Personalkosten an tarifliche Bezahlung gebunden sind. Damit sei das komplette Angebot nicht aufrecht zu erhalten, einzelne Bestandteile wie die Suchtbekämpfung seien gefährdet.

Vertreter aller sechs Spitzenverbände – Arbeiterwohlfahrt, Caritasverband, Diakonie, Wohlfahrtsverband der Jüdischen Kultusgemeinde, Paritätischer Wohlfahrtsverband und Rotes Kreuz – betonten die Bedeutung von Unterstützungs- und Beratungsangeboten für die Hauptaufgabe der Verbände, nämlich die Unterstützung von Menschen in sozialen Problemlagen.

„Wir sind Anwälte unserer Klienten. Durch die Schließung von Einrichtungen entfernen wir uns aber von den Menschen“, sieht der Geschäftsführer der Wuppertaler AWO, Frank Gottsmann, die Situation bereits dramatisch. „Wir müssen von der Defizit-Orientierung wegkommen. Wir müssen an vorhandene Ressourcen heran dürfen, damit wir gestalten können, statt nur zu reparieren. Wir müssen uns fragen: Was für eine Stadt wollen wir? Nur so erreichen wir etwas für die Menschen.“

Christoph Humburg, Vorstand des Caritasverbandes Wuppertal/Solingen und aktuell Vorsitzender der AGFW, beklagt: „Wir erfahren ja hohe Akzeptanz, von allen Seiten wird die Sinnhaftigkeit unserer Arbeit zugestanden. Aber seit Jahrzehnten sind wir unterfinanziert. Die Entscheidungsträger spenden immer warme Worte, aber keinen warmen Pelz.“

Der Ansatz, den man verfolge, setze auf Präventionsketten, erläutert Humburg. „Das sind beispielsweise begleitende Familienhilfe, um der Jugendkriminalität vorzubeugen, spezielle Beratungsangebote für Frauen mit dem Ziel der Rückkehr in Arbeit, oder Wohnungen zu vermitteln statt Obdachlosigkeit entstehen zu lassen.“ Vorbeugende Sozialpolitik sollte also früh ansetzen, um später höhere Sozialausgaben möglichst zu vermeiden.

Wuppertal verzeichnet mit 14,7 Prozent die nach Gelsenkirchen größte Unterbeschäftigungsquote in NRW. Um der zunehmenden Verelendung vorzubeugen, fordert die Freie Wohlfahrtspflege, die vorhandenen Spielräume auszunutzen, die selbst bei Sanierung in Folge von Überschuldung bestehen. Nur weil sich eine Kommune in der Haushaltskonsolidierung befinde, sei sie nicht verpflichtet, ihre freiwilligen Leitungen abzusenken oder einzustellen: Dies ist einer der Schlüsse, zu dem ein von der Freien Wohlfahrtspflege in Auftrag gegebenes rechtswissenschaftliches Gutachten kommt.

Thomas Bartsch, Geschäftsführer der Diakonie Wuppertal: „Im Doppelhaushalt sind für einzelne Posten knappere Mittel vorgesehen, obwohl das Gesamtvolumen wächst. Die vorhandenen Einnahmen kann man besser verwenden als für Haushaltskonsolidierung, und zwar für Prävention durch Schuldnerberatung oder Streetworker.“ In der derzeitigen Situation bestehe die Gefahr, dass Menschen sich abgehängt fühlen. In diesem Zusammenhang ergänzt Bartsch: „Die Wartezeit bei der Schuldnerberatung beträgt bis zu sechs Monaten. Bis dahin haben die Betroffenen resigniert“.