Diskussion im Stadtrat Seilbahn-Ampel steht (noch) nicht auf Grün

Wuppertal · Am Montagabend (10. Juli 2017) schalten die Signale vermutlich schon einmal auf Gelb. Dann wird der Rat aller Voraussicht nach einen vorbereitenden Grundsatzbeschluss zum Bau einer Seilbahn fassen. Doch die Politik ist vorsichtig.

Nach wie vor die einzige maßstabsgetreue Visualisierung der projektierten Seilbahn ist diese Abbildung aus dem Rundschau-Stadtporträt zu einem Beitrag von Uni-Prorektor Professor Michael Scheffel.

Foto: Visual-Akademie für 3D-Arts, Bärenstraße

Denn es gibt noch Vorbehalte, die vor allem die Finanzen betreffen.

Immerhin — die Fronten werden immer klarer, die Statements auch. Die Bürgerinitiative "Seilbahnfreies Wuppertal" moniert, die WSW hätten ihnen lange Zeit wichtige Zahlen vorenthalten. Insbesondere hat die sogenannte "Standardisierte Bewertung" ihren Widerspruch hervorgerufen. Darin hat das Münchner Ingenieurbüro Spiekermann die vorgeschriebene Kosten-Nutzen-Analyse vorgenommen. Das Ergebnis: Die Bahn sei verkehrstechnisch und volkswirtschaftlich sinnvoll. Stimmt das?

Die Bürgerinitiative bestätigt, dass das Büro das vorgeschriebene Verfahren korrekt angewendet habe, bezweifelt jedoch die zugrunde liegenden Eingangswerte. Eine Einsparung von fünf Millionen Pkw-Kilometern hält man angesichts von 12,5 Millionen jährlicher Pkw-Kilometern auf der Cronenberger Straße für utopisch. Doch Spiekermann-Ingenieurin Anke Berndgen hält dagegen, die Kilometer würden auch auf anderen Straßen eingespart.

Differenzen gibt es auch zu den Einschätzungen von künftigen Fahrzeiten und zu den Betriebskosten. "1,6 Millionen Euro im Jahr dürften vollkommen unrealistisch sein", lautet die Stellungnahme der Initiative. Die erheblich kürzere Londoner Seilbahn verschlinge sechs Millionen Euro im Jahr. "Das mag stimmen", geben die WSW ihrerseits zu, verweisen aber darauf, dass dort ein privater Träger nur für diese Bahn die gesamte Infrastruktur zu stemmen hat. "Wir halten demgegenüber selbst Betriebsleiter vor und haben eigene Werkstätten", verweist WSW-Mobil-Chef Ulrich Jaeger auf wichtige Unterschiede. Wind- und Gewittereinflüsse würden zu massiven Ausfallzeiten führen — das ist ein weiterer Kritikpunkt, den die WSW als übertrieben bezeichnen: "Im ganzen Jahr 2016 hätte der Betrieb wegen Witterungsproblemen nur eine Stunde lang eingestellt werden müssen."

Und dann gibt es noch die Frage nach den realistischen Studentenzahlen. 18.350 Fahrten an 300 Tagen seien nicht nachzuvollziehen, monieren die Kritiker, schließlich geben es nur 140 Vorlesungstage. "Das täuscht", gibt Uni-Kanzler Roland Kischkel zu bedenken, die Zahl der studienbegleitenden Prüfungen habe stark zugenommen: "Viele Studierende sind heutzutage über neun Monate im Jahr in der Uni präsent."

Überhaupt hat sich die Hochschule zuletzt deutlicher positioniert: "Wir versprechen uns von einer Seilbahn enorme Vorteil", gab die Uni-Leitung zu verstehen. Man habe bislang nicht mit der "Bestimmungsmacht einer großen Institution" die Diskussion beeinflussen wollen, sagt Kischkel, formuliert nun aber deutlich, dass das Interesse von Studenten am ÖPNV zunehme, die Beförderung mit Bussen aber an dieser Stelle aus logistischen und ökologischen Gründen nicht ideal sei. Er verspricht sich sogar Zuspruch durch den Trassenteil nach Hahnerberg, wenn dort ein Park-and-Fly-Parkhaus entsteht. Auch aus städtebaulicher Sicht sei der Seilbahn-Bau zu begrüßen — schließlich war die Idee ja im Ursprung aus dem Stadtentwicklungsprogramm "2025" hervorgegangen.

Doch vor allen weiteren Maßnahmen steht auch bei der Uni der Finanzierungsvorbehalt. Denn die bisherige Entwicklung der Kosten gibt durchaus zu denken. Nach einer 34- Millionen-Schätzung im Jahr 2012 war 2015 von 51 Millionen anhand einer Machbarkeitsstudie die Rede, bevor zuletzt 82,7 Millionen aufblinkten, die allerdings schon einen Puffer beinhalten. "Selbst bei 90 Millionen würde sich das Projekt lohnen", sagt Jaeger — darüber freilich würden auch die Stadtwerke abwinken.

Jedenfalls haben sich CDU und SPD im Rat dazu entschlossen, erst nach Vorlage eines verlässlichen Kostenrahmens den nächsten Schritt, die Einleitung eines Planfeststellungsverfahrens, vorzunehmen. Warten wollen sie auch auf die Vollzugsmeldung in einer wichtigen Grundstücksfrage: Momentan sind die WSW noch nicht im Besitz der Fläche für die Talstation am Hauptbahnhof. Zwar gibt es dafür ein städtisches Vorkaufsrecht und positive Signale von Seiten der Bahn, doch bei diesem Vertragspartner ist man im politischen Raum immer gerne auf der sicheren Seite...

Bleibt die Frage nach dem Widerstand Betroffener. Die WSW räumen ein, dass die Bus-Takte im Südstadtverkehr mit Inbetriebnahme der Seilbahn ausgedünnt würden. Mit den dadurch eingesparten zehn Bussen will man 1,6 Millionen Euro gut machen. Wichtiger noch aber dürften rechtliche Auseinandersetzungen mit den betroffenen Anwohnern werden. Hier müssen "Überflugrechte" für die Grundstücke unter der Trasse ausgehandelt werden. Die WSW haben knapp 100 Gebäude ausgemacht, die in einem Korridor von 25 Metern unter der Seilbahn liegen. Doch da dürften sich etliche Anwohner mehr betroffen fühlen.