„Gucci-Gang“ Prozessauftakt Halbtot geschlagen - nur ein Vergehen?
Wuppertal · Der Fall sorgte bundesweit für Furore. Zwei 14-jährige schlugen in Oberbarmen einen 70-Jährigen fast tot. Beide sind als Intensivtäter bekannt – und beide stehen ab Freitag vor dem Jugendschöffengericht. Der Anwalt des Opfers ist nicht sicher, ob es zu einer Freiheitsstrafe kommen wird.
Sie sollen immer wieder im Hausflur herumgelungert haben. Als der Rentner sie dort ansprach und zur Rede stellen wollte, sollen die beiden Jungs unvermittelt auf den 70-jährigen Hausbewohner eingeprügelt haben. Das Opfer schwebte nach den Schlägen und Tritten in Lebensgefahr – inzwischen ist klar: Der Mann wird ein Schwerstpflegefall bleiben.
Am Freitag beginnt der Prozess gegen die beiden Angeklagten, die zum Tatzeitpunkt gerade strafmündig geworden waren. Einer der Jungs soll zur „Gucci-Gang“ gehören und beide gelten als Intensivtäter: Sie sollen bereits zuvor jeweils zwischen 60 und 70 Straftaten verübt haben. Die waren folgenlos geblieben, denn beide waren damals noch strafunmündig. Gegen einen der beiden Angeklagten soll es wegen eines anderen Vergehens zuvor einen Haftbefehl gegeben haben, der elf Tage vor der Tat am 21. Mai aufgehoben worden war. Seitdem sitzt einer der Jugendlichen in Untersuchungshaft, der andere wurde in einer Haftvermeidungseinrichtung untergebracht.
„Ich hoffe auf die Verhängung einer Jugendfreiheitsstrafe“, sagt Anwalt Carsten Rebber, der das Opfer als Nebenklageanwalt im Prozess hätte vertreten sollen. Dazu wird es nicht kommen, nachdem das rechtsmedizinische Gutachten nicht ausschließen konnte, dass es andere Ursachen für die Hirnstammblutung des Opfers geben könnte (die Rundschau berichtete). „Statt der angeklagten, schweren Körperverletzung geht es nun nur noch um gefährliche Körperverletzung“, so Rebber, „und bei einem Jugendstrafverfahren ist die Nebenklagevertretung nur bei Verbrechenstatbeständen vorgesehen“. Die gefährliche Körperverletzung sei aber im juristischen Sinne kein Verbrechen, sondern „nur“ ein Vergehen. Und damit ist die Nebenklage aus dem Verfahren ausgeschlossen.
Im Klartext heißt das: Weder die Familie, noch deren Anwalt bekommt Zugang zum Verfahren. Der Prozess wird vor dem Jugendschöffengericht unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden, das Urteil wird am 28. Oktober erwartet. Die Anklageerhebung war von der Staatsanwaltschaft zum Amtsgericht und nicht ans Landgericht verwiesen worden – was aus Sicht von Carsten Rebber bedeutet, dass man dort mit einem geringeren Strafmaß rechnet. Mit einer beim Landgericht eingereichten Beschwerde will er einen letzten Versuch starten, doch noch als Nebenklagevertreter zugelassen zu werden. Die verzweifelte Ehefrau des Opfers wird er nur für den Zeitraum ihrer Vernehmung als Prozessbeistand unterstützen können.