Konzept für "Solidarisches Bürgerticket" Nahverkehr in Wuppertal — alle bezahlen!?

Wuppertal · Das Konzept "Solidarisches Bürgerticket für Wuppertal" ist nach intensiver Vorarbeit fertig — und soll jetzt öffentlich diskutiert werden. Ziel des Ganzen: die Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs auf ganz neue Beine zu stellen.

So könnte es aussehen, das „Solidarische Bürgerticket“ für den gesamten Wuppertaler Nahverkehr. Es wäre bisher einmalig in ganz Deutschland.

Foto: Wuppertaler Rundschau

Die Initiatoren nennen ihre Pläne "Eine unkonventionelle Idee für eine ungewöhnliche Stadt". Das "Solidarische Bürgerticket" hätte jeder Wuppertaler in der Tasche — und könnte damit den kompletten innerstädtischen ÖPNV nutzen. Grob gesagt, gäbe es dann nur noch ein ÖPNV-Ticket für die ganze Stadt.

Jan Niko Kirschbaum, Axel Sindram und Dieter Hofmann als Sprecher der "Initiative Solidarisches Bürgerticket" haben auf 27 Konzept-Seiten folgendes Finanzierungsmodell entwickelt: Schluss wäre mit der Bezahlung des defizitären Nahverkehrs durch die Gewinne aus der WSW-Energiesparte — denn diese "Querfinanzierung" stehe ohnehin, so die Initiative, nicht mehr auf zukunftssicheren Beinen.

Alternative: Jeder Wuppertaler, der über 1.500 Euro netto im Monat verdient, zahlt fürs "Bürgerticket" 50 Euro pro Monat. Wer unter 1.500 Euro liegt, für den sinkt der Beitrag auf 30 Euro. Wenn man nur unter 900 Euro netto zur Verfügung hat, ist man mit zwölf Euro dabei. Ausnahmen: Schwerbehinderte, Studenten mit dem weiterhin gültigen NRW-Semesterticket, nicht schulpflichtige Kinder (sie bezahlen nichts) und schulpflichtige Kinder, die entsprechend eines ermäßigten "Schokotickets" entweder zwölf, sechs oder null Euro bezahlen. Fürs "Schokoticket" fordert die "Bürgerticket-Initiative" allerdings die Aufhebung der Entfernungsbeschränkung.

Nichts bezahlen müssten auch alle, die wegen großer Entfernung zur nächsten Haltestelle oder zu schlechter Bustakte nicht gut an den ÖPNV angebunden sind.

Eingezogen werden soll das Geld fürs "Bürgerticket" über das Einwohnermeldeamt. Auf diese Weise kämen nach Berechnungen der Initiative etwa 148 Millionen Euro pro Jahr zusammen.

Beispiel: Im Jahr 2017 hat die WSW-Mobil-Sparte 140 Millionen Euro für ihren Nahverkehr ausgegeben. Die Initiative möchte außerdem zusätzliche Einnahmen generieren: Kirschbaum, Sindram und Hofmann wollen zum Beispiel, dass alle Wuppertaler Knöllchen (zehn Millionen Euro) sowie die Einnahmen von Stadt und WSW aus der Parkplatz- und Parkhausbewirtschaftung (mindestens zwei Millionen Euro) ins "Bürgerticket" investiert werden. Alle denkbaren Zusatzeinnahmen mitgerechnet, kommt die "Bürgerticket-Initiative" auf eine Einnahmenschätzung von rund 163 Millionen Euro im Jahr.

Die "Bürgerticket-Erfinder" sind sicher, dass sich mit einem solidarischen Fahrausweis für alle nicht nur der ÖPNV insgesamt verbessert, sondern — durch mehr Platz auf Straßen und Parkplätzen — auch die Lage für alle, die weiterhin (regelmäßig) mit dem Auto fahren müssen oder wollen. Selbstverständlich seien auch Vorteile für Luftqualität und die Umwelt insgesamt. Außerdem könnten die bisherigen 50 Millionen Euro pro Jahr aus der WSW-Querverbundfinanzierung, die dann nicht mehr nötig wäre, in die Verbesserung der WSW-Dienstleistungen sowie ganz allgemein die Optimierung der Stadtinfrastruktur fließen.

Unverzichtbar: Das Land müsste Wuppertal die Erhebung eines Nahverkehrsbeitrages erlauben. Jan Niko Kirschbaum: "Bisher gibt es da eine Endlosspirale. Die Städte sagen: Wir dürfen ja nicht. Das Land sagt: Es will ja keiner. Damit muss Schluss sein."

Axel Sindram ist realistisch: "Uns geht es nicht um ein Gratis-Ticket, das aus Steuern oder anderen Quellen finanziert wird. Ein ,Solidarisches Ticket' ist ein deutlich dickeres Brett, das es zu bohren gilt. Eventuell gibt es dagegen ein hohes Widerstandspotenzial."

Weitere Infos und das gesamte Konzept auf www.buergerticket-wuppertal.de

Dazu auch die Umfrage (bis 5. Februar 2019, 11 Uhr): hier klicken!