Kirchengemeinde Elberfeld-Nord „Riesige Welle der Hilfsbereitschaft“

Wuppertal · „Wenn der Ursprung der Katastrophe nicht so grausam wäre, könnte ich weinen vor Glück, wie viele Leute da helfen“, sagt Pfarrer Joachim Hall. Er ist sichtlich stolz auf die „unglaublich große Welle der Hilfsbereitschaft“ der Menschen aus seiner Gemeinde und aus dem Stadtteil.

Die Erleichterung, in Wuppertal angekommen zu sein, ist bei den Beteiligten groß.

Foto: Gemeinde

In wenigen Tagen ist rund um die Gemeinde Elberfeld-Nord ein Netzwerk aus Freiwilligen entstanden, die das Vereinshaus mit Matratzen und anderen Notwendigkeiten ausgestattet haben. 21 Frauen mit ihren teilweise nur wenigen Monate alten Kindern sind dort untergekommen. Sie werden von den Ehrenamtlichen versorgt und bei Amtsgängen begleitet.

Die Hilfsaktion, die komplett in Eigenregie aber in Abstimmung mit der Stadt läuft, ging von Holger Langer und seiner Frau Nina Kovtun aus, die aus der Ukraine stammt. „Ninas Vater sitzt noch in der Ukraine fest. Wir konnten nicht länger starr vor den Nachrichten sitzen und nichts tun. Uns war schnell klar, dass wir aktiv helfen wollten“, sagt Holger Langer.

Mit dem Gemeindebus an die Grenze zur Ukraine

In mehreren Touren – erst spontan und dann über gezielte Vermittlung der Stadt - sind Holger Langer und Norbert Sewing mit dem Bus der Gemeinde Elberfeld- Nord an die Grenze zur Ukraine gefahren, um von dort aus Menschen nach Wuppertal zu bringen. Mittlerweile haben sie auf diesem Weg und in Absprache mit einem ukrainischen Freiwilligennetzwerk 36 Ukrainerinnen mit ihren Kindern in Wuppertal untergebracht. Ein Teil von ihnen lebt im Katernberger Vereinshaus, andere sind auf Initiative der Gemeinde schon in privaten Unterkünften untergekommen.

Das Ehepaar Langer-Kovtun und Marleen Sondermann, die die Langers aus dem Kindergarten kennt, sind Kern eines rund 20-köpfigen Helferteams, das die Gäste aus der Ukraine täglich begleitet. Via WhatApp-Gruppe haben sich inzwischen mehr als 120 Ehrenamtlich organisiert, die sich auf kurzem Wege verständigen, was zu tun ist und was gebraucht wird.

Gelebte Nächstenliebe

„Die Anzahl derer, die jetzt mit den Kindern basteln, mit den Erwachsenen kochen, zum Kinderarzt fahren, dolmetschen, Pizza spenden, psychologische Hilfe anbieten, Fahrdienste übernehmen ist so groß, dass ich einfach nur staunen kann. Das ist wirklich gelebte Nächstenliebe“, freut sich Pfarrer Hall.

Weil Nina Kovtun ukrainisch spricht, haben die Geflüchteten schnell Vertrauen zu den Helferinnen und Helfer vom Katernberger Vereinshaus aufgebaut. „Gerade für die Frauen mit ganz kleinen Kindern ist unser Haus eine gute Alternative zur großen Turnhalle an der Gathe, weil wir hier viel individueller auf die einzelnen Gäste eingehen können", sagt Marleen Sondermann. „Wir begleiten die Leute zu Ärzten, zur Ausländerbehörde und organisieren Freizeitaktivitäten und helfen bei der Wohnungsvermittlung“, so Sondermann.

Tolles Netzwerk der Gemeinde

Das Netzwerk der Gemeinde funktioniert großartig: Einige ältere Menschen haben Ukrainerinnen bei sich aufgenommen oder ihnen ihre Einliegerwohnung zur Verfügung gestellt. Ansonsten wird alles privat über Spenden und Engagement gestemmt.

Das Engagement ist riesig und jeder versucht sich einzubringen: So haben einige Kinder selbstgebackene Waffeln verkauft und den Erlös gespendet, ein Installateur hat im Vereinshaus in kürzester Zeit die Sanitäranlagen auf Vordermann gebracht und eine Waschmaschine eingebaut. Sportvereine bietet Hilfe an, viele Freiwillige kommen, um mit den Kindern zu basteln.

Angst um die Zurückgebliebenen

Wie lange die Situation anhalten wird, kann niemand planen. „Je länger die Frauen hier sind und die Bilder von der Zerstörung zuhause sehen, umso weniger sehen sie eine Perspektive schnell wieder in ihre Heimat zurückkehren zu können“, sagt Marleen Sondermann. „Wir helfen erstmal und gucken dann wie es weitergeht.“

Angekommen in Wuppertal brauchen die Menschen vor allem Ruhe und das Vertrauen darauf, dass sie in Sicherheit sind. Die Angst um die Männer und Väter und die Angehörigen, die in der Heimat zurückgeblieben sind, ist riesig und bleibt. „Wir machen uns vor allem große Sorgen um die älteren Kinder, die das alles genau mitbekommen“, sagt Marleen Sondermann.