Jobcenter Wuppertal zieht erfolgreiche Jahresbilanz „Brücken bauen in den Arbeitsmarkt“

Wuppertal · Für 2019 zieht das Wuppertaler Jobcenter, bei dem mittlerweile 733 Menschen angestellt sind, eine erfolgreiche Bilanz: 7.275 Männer und Frauen konnten in eine versicherungspflichtige Arbeit oder Ausbildung vermittelt werden. Damit sei, so Jobcenter-Chef Thomas Lenz, bewiesen, dass das Vorurteil „Einmal Hartz IV, immer Hartz IV“ falsch sei.

Uwe Kastien, Stefan Kühn, Thomas Lenz und Andreas Kletzander  (von links) stellten die 2019er-Bilanz des Wuppertaler Jobcenters in der Zentrale an der Bachstraße in Barmen vor.

Foto: Jobcenter

Lenz freut sich, dass das Jobcenter sein Vermittlungsergebnis erneut steigern konnte. Möglich geworden sei das vor allem durch die offensive Umsetzung des sogenannten Teilhabe-Chancengesetzes, für das man, so Lenz und Sozialdezernent Stefan Kühn der Vorsitzender des Jobcenter-Verwaltungsrates ist, „zehn bis 15 Jahre gekämpft“ habe. Allein im ersten Jahr des Gesetzes konnten in Wuppertal 310 langzeitarbeitslose Menschen in Beschäftigungsverhältnisse gebracht werden. Stefan Kühn: „Aufgabe des Jobcenters ist es, Brücken zu bauen in den Arbeitsmarkt. Hier konnten wir Menschen, die zum großen Teil länger als sechs Jahre arbeitslos waren, wieder eine berufliche Perspektive geben.

Knapp die Hälfte dieser Arbeitsplätze sind im gemeinnützigen Bereich entstanden, beispielsweise im Stadtteilservice, als Schulgesundheitsassistenz oder bei der Pflege von öffentlichen Parks. Doch auch mit freiwirtschaftlichen Firmen konnten erfolgreiche Kontakte geknüpft werden – nicht zuletzt durch die vor Monaten im Stadtbild sehr sichtbare Großflächen-Kampagne „fair eingestellt“. Die Initiativen zur Vermittlung von Langzeitarbeitslosen werden vom Bund mit erheblichen Millionenbeträgen gefördert: Wuppertal hat mit seiner Unterbringung von 310 Menschen die deutschlandweite Spitzenposition erreicht. Für jetzt laufende Jahr 2020 hat man sich das Ziel gesetzt, 500 Jobs für Menschen zu schaffen, die schon länger als sechs Jahre ohne Arbeit sind.

Zuständig ist das Jobcenter in Wuppertal für etwa 50.000 Menschen, für die es, so Stefan Kühn, „darum geht, dass wir ihre Existenz sichern.“ Rund 9.000 Menschen, die zur Klientel des Jobcenters gehören, haben eine Flüchtlingsgeschichte: Betreut werden sie zentral und unter veinem Dach im „Haus der Integration“ an der Bundesallee. In Sachen der dortigen Kooperation mit der Stadt zieht Thomas Lenz eine sehr positive Bilanz: Insgesamt fanden hier 1.500 Männer und Frauen den Weg in Arbeit oder Ausbildung. Andreas Kletzander, Vorstand für Arbeitsmarkt und Kommunikation: „Hier zeigen sich die Stärken eines kommunalen Jobcenters.“ Außerdem lägen im Bereich der Flüchtlinge – sowie hier vor allem im Sektor der geflüchteten Frauen – noch große Ressourcen für den Arbeitsmarkt.

Überhaupt die Frauen: Für 2020 und darüber hinaus sieht das Jobcenter deren berufliche Integration als größte Herausforderung. Dabei gilt das nicht etwa nur für weibliche Flüchtlinge, sondern für alle Frauen, ob sie nun alleinerziehend, ohne Kinder oder in einer Beziehung leben.

Mit Blick auf das laufende Jahr hat das Jobcenter viel vor: Durch Formate wie „Jobcenter vor Ort“ in Cafés, auf Plätzen sowie an beliebten Treffpunkten will man die Vermittlungsquoten weiter steigern – und Hemmschwellen abbauen. Außerdem soll ein Schwerpunkt auf das Thema Umschulungen gesetzt werden.

Doch auch Grundsätzliches soll sich ändern: Uwe Kastien, Vorstand für Personal und Finanzen, spricht vom Umbau der bisher gewohnten Architektur weg von langen, kahlen (Warte-)Fluren hin zu einem offenen Beratungskonzept, in dem viele Formular-Kleinigkeiten digital erledigt werden können und damit für Wichtiges mehr Zeit bleibt. Das, so Kastien, sei sowohl für Mitarbeiter als auch Kunden ein deutlicher Gewinn. Einen Wunsch für 2021 hat (nicht nur) Uwe Kastien: Die Jobcenter-Kunden-App, mit der sich vieles viel geschmeidiger erledigen lassen werde, als das heute der Fall ist.

Grundsätzlich gefragt nach zuletzt verstärkt erhobenen Forderung zur Abschaffung des Hartz IV-Systems antworten Thomas Lenz und Stefan Stefan Kühn unisono: „Die das fordern, müssten dann auch sagen, was an die Stelle von Hartz IV treten soll.“ Thomas Lenz’ Position: „Jemand, der heute beispielsweise 58 ist und arbeitslos wird, fällt nach kurzer Zeit in ein System, das ihn genauso behandelt wie jemanden, der noch nie gearbeitet hat. Das müsste im Sinn einer würdevollen Verrentung unbedingt geändert werden. Und der Mindestlohn muss definitiv auf zwölf Euro erhöht werden. Das bedingungslose Grundeinkommen dagegen halte ich für ein falsches Signal.“

Stefan Kühn: „Die Diskussion um Hartz IV kommt mir vor, als würde man das Fieberthermometer für die erhöhte Temperatur verantwortlich machen.Es muss aber darum gehen, die echten Probleme unserer heutigen Arbeitswelt für die  Menschen zu lösen.“