Bildhauer Tony Cragg über den "Brexit" „Historischer Fehler“

Wuppertal / London · Tony Cragg, Wuppertals berühmtester britischer Staatsbürger, ist entsetzt über den "Brexit": "Ich bin maßlos enttäuscht."

Tony Cragg ist fassungslos über den bevorstehenden Ausstieg der Briten aus der EU: „Diese Entscheidung ist traurig, unnötig und zynisch!“

Foto: Raina Seinsche

"Das ist ein großer historischer Fehler", ringt er — unterwegs auf einer schwedischen Autobahn — hörbar nach Worten, die seiner Fassungslosigkeit Ausdruck verleihen. Nach all den Jahren der Aussöhnung nach dem Krieg, nach der Annäherung der Kulturen, der Menschen untereinander, sei dies ein gravierender Rückschritt: "Ich kann es nicht verstehen. Und es tut mir leid um die europäischen Ideale, die bei vielen scheinbar keine Rolle gespielt haben."

Cragg ist ohnehin der Meinung, dass eine solche Frage niemals per Volksentscheid hätte geklärt werden dürfen: "Das ist doch reiner Populismus. Mit der gleichen Berechtigung könnte man die Menschen auch fragen, ob sie zukünftig noch Steuern zahlen wollen!" Natürlich hat er dennoch seine Stimme per Briefwahl abgegeben — letztlich ohne Erfolg.

Wobei die Umsetzung des Votums nach seiner Einschätzung noch kompliziert genug werde. Es werde nicht leicht sein, europäische Bestimmungen wieder rückgängig zu machen, viele Unternehmen würden das auch gar nicht mitmachen (wollen): "Ich bin kein Wirtschaftsanalyst, aber es gibt so viele Details, juristische Probleme, etwa zum neuen EU-Patentrecht. Die Gegner werden sich noch wundern, wohin das alles führen wird." Zumal Wales und Schottland ja schon im Vorfeld angekündigt haben, in der Europäischen Union bleiben zu wollen — da tue sich das nächste innerbritische Problem auf.

Auch für Cragg persönlich könnte die Entscheidung Auswirkungen haben, mit denen er sich gedanklich zuvor noch gar nicht richtig beschäftigt habe. Er wolle das auch gar nicht hoch hängen, aber als EU-Bürger durfte der Engländer nur einen Pass haben.

Sollte der Austritt vollzogen werden, könnte er sich jedoch vorstellen, auch die deutsche Staatsbürgerschaft zu beantragen. Schließlich lebt er ohnehin die meiste Zeit des Jahres in Wuppertal. Nicht weit von der Stelle, wo er ansonsten eine Aufenthaltserlaubnis beantragen müsste...