Helge Lindh (SPD) Polnisch-ukrainische Grenze: „Dort warten so viele“

Wuppertal · Der Wuppertaler SPD-Bundestagsabgeordnete Helge Lindh war vor wenigen Tagen an der polnisch-ukrainischen Grenze, um sich die Lage vor Ort anzuschauen. Außerdem hat er eine Gruppe von Flüchtlingen abgeholt, deren Ziele Wuppertal und Ulm waren.

Helge Lindh und die Flüchtlinge, die mit ihm zusammen von der polnisch-ukrainischen Grenze nach Wuppertal gekommen sind, vor der Stadthalle.

Foto: Yevgen Besidin

Mit dabei hatten Lindh und sein Team Hilfsgüter, die von den Ukrainern, die jetzt in Polen sind, tatsächlich gebraucht werden. Helge Lindhs erste Reaktion: „Dort warten so viele. Deswegen muss man auch Menschenhandel und Missbrauch im Auge haben.“ Es gab eine Liste mit Namen von Flüchtlingen, die nach Wuppertal wollten. Und als sich auch Menschen, deren Ziel Ulm war, anschlossen, haben Lindh und seine Mitstreiter „natürlich nicht nein gesagt“.

Immer wichtiger werde jetzt, so informiert Helge Lindh, die Frage der gerechten und sinnvollen Verteilung der Flüchtlinge: „Beliebte“ Städte wie etwa Wuppertal, wo es eine große ukrainisch-russische Community gibt, stoßen bereits an ihre Aufnahmegrenzen. Vor allem, wenn es darum geht, nicht immer Turnhallen und andere Massenunterkünfte zur Verfügung zu stellen, sondern möglichst einzelne Wohnungen, in denen die Menschen selbstbestimmt leben können. Helge Lindh: „Das Wuppertaler Modell mit eigenen Wohnungen für Flüchtlinge ist genau der richtige Weg. Das zeigt sich auch jetzt wieder.“

Zum Hintergrund: Für die ukrainischen Kriegsflüchtlinge gilt nicht das „normale“ Asylverfahren. Sie haben einen (vorübergehenden) Schutz-Anspruch, brauchen kein Visum und können sich frei in Deutschland bewegen. So führt ihr Weg häufig an Orte, wo Freunde oder Familienangehörige leben.

Die Stimmung und die Eindrücke vom Besuch in Polen beschreibt Helge Lindh so: „Weit über eine Million Flüchtlinge sind in Polen, das sind gewaltige Zahlen. Viele polnische Freiwillige helfen, das zu bewältigen. Es gibt große Hallen als Unterkünfte, Polizei und Sicherheitskräfte sind allerdings sehr entspannt.“

Riesige Flüchtlingsschlangen wie etwa in Rumänien gebe es in Polen nicht. Helge Lindh: „Für die Polen sind die Ukrainer so etwas wie Brüder und Schwestern.“ Allerdings müsse man, so der Bundestagsabgeordnete im Gespräch mit der Rundschau, Berichte darüber, dass schwarze Flüchtlinge aus der Ukraine unangemessen behandelt werden, genau unter die Lupe nehmen.

Was Lindh wichtig ist: „Die hohe Bereitschaft zu helfen, die es überall gibt, muss von der Politik gewürdigt werden. Das wurde in der Syrienkrise deutlich vernachlässigt. All die Ehrenamtler, die wir noch monatelang brauchen, darunter auch viele Ukrainer, die als Dolmetscher aktiv sind, müssen wir unterstützen.“ Außerdem seien Bund und Länder gefordert, die Kommunen spürbar zu entlasten. Lindh: „Es darf keinen Streit um Zuständigkeiten geben. Das schafft nur unnötige Konflikte, die dann auf dem Rücken der Menschen ausgetragen werden würden.“

Und Helge Lindh mahnt: „Wegen der Ukraine dürfen andere Flüchtlinge, wie etwa die aus Afghanistan, nicht vergessen werden.“