Kritik von Diakonie und Ev. Kirche Geplante Abschiebung: „Ebrima ist kein Einzelfall“

Wuppertal · Mit „Unverständnis und Erschütterung“ haben Diakonie und Evangelische Kirche in Wuppertal auf den „Fall Ebrima“ reagiert. Der 24-jährige Mann aus Gambia, der lange Zeit von der Diakonie Wuppertal betreut wurde, soll abgeschoben werden.

Auch Superintendentin Ilka Federschmidt setzt sich für Ebrima ein.

Foto: Tim Polick/Archiv ÖA

Zwar beschäftigte sich mittlerweile „aufgrund des hohen Drucks der Öffentlichkeit“ der NRW-Petitionsausschuss mit dem Fall. Zudem wurde die Abschiebung des jungen Mannes ausgesetzt, aber die Kritik am Vorgehen der Behörden bleibe, heißt es in einer Stellungnahme.

Bis zu einer Entscheidung des Petitionsausschusses können demnach „noch Wochen oder sogar Monate“ vergehen. Inzwischen prüft die Flüchtlingsberatung der Diakonie nach eigenen Angaben, inwieweit eine Aufenthaltserteilung aus humanitären Gründen für Ebrima möglich ist. Vor allem aber fordert die Diakonie, dass das Vorhaben der neuen Ampelregierung, gut integrierten Geflüchteten das Bleiberecht künftig zu erleichtern, schnellstmöglich umgesetzt wird. Das wäre mit einem so genannten „Vorgriffserlass“ schon jetzt möglich – auch wenn es dafür noch keine neuen Gesetze gebe.

„Wir betreuen viele Jugendliche in einer ähnlichen Situation. Ebrima ist kein Einzelfall. Viele von ihnen haben jetzt Angst, dass ihnen auch die Abschiebung droht. Die neue Bundesregierung hat sich ausgesprochen für Jugendliche und Kinder, die in Deutschland aufgewachsen sind, eine vernünftige Bleiberegelung festzulegen. Eine Umsetzung ist bis heute ausgeblieben und es wird wohl noch Monate dauern, bis das Gesetz verabschiedet ist. In der Zwischenzeit fehlt Betroffenen und ihren Familien Rechtssicherheit, die für ein sorgloses Leben in Deutschland Grundvoraussetzung ist", kritisiert Diakonie-Geschäftsführerin Bärbel Hoffmann.

Ebrima wurde im Rahmen der Beratung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen über mehrere Jahre von der Diakonie Wuppertal betreut. Der 24-Jährige ist laut Diakonie „gut integriert, hat eine eigene Wohnung, einen festen Arbeitsplatz und hat sich nie etwas zu Schulden kommen lassen“.

Kritisiert wird von der Diakonie vor allem, dass der junge Mann „trotz seiner erfolgreichen Integration und bei einer vorliegenden chronischen Erkrankung“ abgeschoben werden solle. Die Entscheidungspraxis sei „sehr restriktiv, Integrationsbemühungen werden nicht ausreichend gewürdigt und das alles obwohl laut Koalitionsvertrag der neuen Regierung die Bleibeperspektive für genau diese Menschen verbessert werden sollen“, so die Flüchtlingsberatung.

Auch die Art und Weise der Abschiebung sei „unwürdig“ und sorge für Unverständnis.  Der junge Mann sollte Anfang der Woche mit Mietvertrag und Gehaltsabrechnungen zur Ausländerbehörde Wuppertal kommen. Dort angekommen, sei er verhaftet und in Handschellen dem Amtsgericht vorgeführt worden. Anschließend wurde er direkt in eine Unterbringungseinrichtung in Büren gebracht. Von dort aus sollte er abgeschoben werden.

„Die Diakonie Wuppertal und ich kennen Ebrima schon sehr lange. Er ist ein sympathischer und gut integrierter junger Mann, berufstätig und mit einem festen Freundeskreis in Wuppertal. Wie auch er vertrauen viele migrierte Wuppertaler darauf, dass wir sie unterstützen“, sagt Diakoniedirektor Dr. Martin Hamburger zu dem Fall. „Stattdessen legen wir ihnen plötzlich eines Tages Handschellen an, sperren sie ein und behandeln sie wie Kriminelle. Die Abschiebepolitik, wie sie betrieben wird, stößt für mich auf Unverständnis. Wie viele seiner Freunde stehe auch ich klar zu Ebrima.“

Für Ilka Federschmidt, Superintendentin im Evangelischen Kirchenkreis, ist Ebrima ein Beispiel dafür, wie ein Mensch gewaltsam aus erfolgreicher Integration herausgerissen wurde: „Diese Praxis der Abschiebung widerspricht einem an Menschlichkeit und Frieden orientierten Verständnis von Recht, wie wir es in Gottes Gebot finden.“