Gemeindepfarrer Joachim Hall Zwischen Brautschmuck und DJs

Wuppertal · Seit über 25 Jahren präsentieren sich die Kirchen auf der Hochzeitsmesse in Wuppertal. Eine Zeit, in der sich die Trauungen stark verändert haben, wie der Elberfelder Gemeindepfarrer Joachim Hall berichtet.

Pfarrer Joachim Hall.

Foto: Hall

Ende Januar geht es wieder los mit den Hochzeitsmessen. Für wie wichtig halten Sie es, dass Kirche dort präsent ist?

Hall: „Ich habe dort einige Jahre selbst gestanden mit den katholischen Kolleginnen und Kollegen. Es ist schon besonders, sich mit einem Stand zwischen Brautmoden und Hochzeits-DJs zu mischen. Viele Paare sind überrascht, Kirche dort zu sehen, aber auch neugierig. Sie haben viele Fragen rund um die Trauung, die ich immer gerne beantwortet habe. Auch wenn Hochzeiten heute zu einem Event geworden sind, gibt es immer noch das Bedürfnis, die Ehe würdevoll zu schließen und unter Gottes Segen zu stellen.“

Mit welchen Fragen kommen die Menschen zu Ihnen?

Hall: „Zuerst fragen viele Paare danach, ob sie sich kirchlich trauen lassen können, wenn nur einer von ihnen zur Kirche gehört. Das ist kein Problem, aber wenn beide ausgetreten sind, würde ich sie nur in absoluten Ausnahmefällen trauen. Ob die Trauzeugen in der Kirche dabei sein müssen, ist eine weitere Frage, die ich oft höre. Anders als bei den Taufpaten ist das nicht erforderlich. Und viele wollen wissen, ob sie die kirchliche Trauung etwas kostet. Das ist in der Regel nicht der Fall. Wenn Paare, die nicht unserer Gemeinde angehören, unsere Friedhofskirche nutzen möchten, erheben wir eine moderate Gebühr.“

Der Kirchenstand auf der Hochzeitsmesse.

Foto: Hall

Sie trauen Paare fast so lange, wie es die Hochzeitsmesse gibt. Was hat sich verändert?

Hall: „Die Kirche ist heute nur noch ein Anbieter von vielen für eine festliche Hochzeit. Heute wird deutlich mehr Geld dafür ausgegeben und viel Wert auf Kleidung, besonderes Essen, Geschenke und Dekoration gelegt. Viele Paare haben eine genaue Vorstellung davon, wie sie heiraten möchten. Wer eine kirchliche Trauung wünscht, tut dies nach meinem Eindruck aus eigenem Antrieb und selten, weil es die Familie erwartet. Viele Paare möchten den Gottesdienst daher auch aktiv mitgestalten.“

Auf welche Wünsche lassen Sie sich ein?

Hall: „Ich empfinde es als echtes Privileg, dass wir als Pfarrerinnen und Pfarrer an wichtigen Stellen in der Biografie eines Menschen gefragt sind. Und dazu gehört die Trauung. Daher lasse ich mich gerne auf individuelle Wünsche ein. Paare dürfen in meinen Traugottesdiensten viel mitgestalten – von der Musik über die Beteiligung von Freunden und Verwandten an den Lesungen und Fürbitten bis hin zum Schmücken der Kirche. Ich traue Paare auch an anderen Orten. So war ich zum Beispiel schon auf Schloss Burg und Schloss Lüntenbeck. Ich wäre auch bereit, eine Trauung am Strand oder im Wald vorzunehmen. Wichtig ist für mich nur, dass der Ort öffentlich zugänglich ist und das Eheversprechen in einem würdevollen Rahmen geschieht.“

Wo ist das für Sie nicht mehr der Fall?

Hall: „Wenn nur noch das Event im Vordergrund steht, ist für mich die Grenze erreicht. Ich könnte mir nicht vorstellen, eine Unterwasser-Trauung vorzunehmen oder irgendwelche Türme dafür zu besteigen. Da gibt es mittlerweile ja die verrücktesten Ideen. Ich finde es auch schwierig, wenn ein Hund die Trauringe zum Altar bringen soll. Darauf hat sich ein Kollege mal eingelassen – was letztlich auch nicht funktioniert hat, denn der Hund bekam Angst und ist aus der Kirche gerannt.“

Wie gehen Sie mit der hohen Erwartung um, dass die Hochzeit „der schönste Tag im Leben“ sein soll?

Hall: „Ich nehme diesen Wunsch ernst, denn wenn zwei Menschen sich lieben und ihr Leben miteinander verbringen möchten, ist das eine wunderschöne und sehr romantische Angelegenheit. Aber ich versuche auch immer, den Druck rauszunehmen, dass dieser Tag perfekt sein muss.

Weder die Hochzeit noch die Ehe muss das sein. In dem Moment, in dem wir Gott ins Spiel bringen, kann ganz viel Druck aus der Beziehung weichen. Es liegt nicht alleine an uns, ob die Hochzeit richtig schön wird und die Ehe gelingt. Dafür erbitten wir Gottes Segen und seinen Zuspruch.“

Rund die Hälfte aller Ehen wird heute geschieden. Sprechen Sie auch darüber?

Hall: „Ich biete Paaren immer zwei Traugespräche an. Dabei geht es zunächst um ihren Lebensweg und ihr Verständnis von Ehe. In diesen Gesprächen frage ich oft nach Erwartungen, Beziehungserfahrungen und wie sie mit Streit und Krisen umgehen. Erst bei einem zweiten Treffen geht es darum, wie die Trauung gestaltet werden soll. Ich habe auch immer wieder mal Seminare für Paare angeboten, die heiraten möchten und dabei eine große Offenheit und Ernsthaftigkeit erlebt. Das finde ich sehr positiv.“